Der Rheinbund. 231 schloß er ihnen die neue Ordnung kurzerhand aufzuerlegen, wie einst Karl V. die Fürsten Italiens durch halb erzwungene Verträge an sich ge— kettet hatte. Er wußte, daß er den Höfen der Mittelstaaten Alles zumuthen durfte, wenn er ihnen einen neuen Beutezug gegen ihre kleinen Mitstände gestattete. An Unterwürfigkeit hatten es diese kleinen Herren des Südens freilich nicht fehlen lassen. Die Mehrzahl war zu einer Frankfurter Union zusammengetreten und hielt sich in Paris einen gemeinschaftlichen Gesandten. Fort und fort wurde der Gewaltige von den geängsteten Kleinfürsten mit Bitten und Anliegen behelligt; wenn er bei guter Stim- mung war, so ließ er sich auch wohl durch seinen Talleyrand berichten ce due C'est due ce prince - Ià und gab eine gnädige Antwort. Doch mit waffenlosen Vasallen wußte der Eroberer nichts anzufangen; auch beargwöhnte er die Freundschaft, welche einige dieser kleinen Herren mit Preußen, die meisten mit Oesterreich verband. Sein Entschluß war ge- faßt, „es liegt in der Natur der gegenwärtigen Verhältnisse, daß die kleinen Fürsten vernichtet werden.“ Schon erhob sich über den Trümmern der alten Staatengesellschaft das neue Föderativsystem: die „Sonnen- Nation“ Frankreich umgeben von Trabantenstaaten. Zwei Brüder des Imperators bestiegen die Throne von Holland und Neapel; das übrige Italien und die Schweiz hielt er unter seiner Botmäßigkeit. Für den Deutschen Bund, der die Reihe dieser Trabantenvölker zu verstärken be- stimmt war, rechnete er zunächst auf die vier süddeutschen Mittelstaaten und auf das neue niederrheinische Großherzogthum Joachim Murat's; von den kleineren dachte er nur wenige zu verschonen, die sich durch Unter- thänigkeit oder hohe Verwandtschaft empfahlen. Im Frühjahr 1806 verbreitete sich an den deutschen Höfen das Ge- rücht, eine neue umfassende Mediatisirung sei im Anzuge. Abermals wie vier Jahre zuvor eilten die Gesandten unseres hohen Adels nach Paris um durch Schmeichelei und Bestechung ihren Herren den Beutetheil zu sichern. Wieder wie damals mußte ein Elsasser das Geschäft der deutschen Ländervertheilung besorgen: der alte Reichspublicist Pfeffel unter der Leitung Talleyrand's und La Besnardiere's. Währenddem gelangte die Ver- fassung des Rheinbundes in Napoleon's Cabinet zum Abschluß; mit keinem der deutschen Höfe wurden Unterhandlungen geführt, selbst von den Ge- sandten in Paris erhielten nur vier die Urkunde zum Lesen, bevor Talley- rand am 12. Juli die Getreuen zur Sitzung berief. Hier hielt er ihnen ihre hilflose Lage vor, wie sie als Rebellen gegen das Reich nicht mehr auf halbem Wege stehen bleiben dürften; dann wurde die Urkunde ohne jede Berathung angenommen. Der rheinische Bund Ludwig's XIV. lebte wieder auf, in ungleich stärkeren Formen. Sechzehn deutsche Fürsten sagten sich vom Reiche los, erklärten sich selbst für souverän, jedes Gesetz des altehr- würdigen nationalen Gemeinwesens für nichtig und wirkungslos; sie er- kannten Napoleon als ihren Protector an, stellten ihm für jeden Festlands-