Die Geheimbünde. 303 sätze, da auch Napoleon den noch immer einflußreichen Freimaurerorden für seine Zwecke zu benutzen suchte und seinen Schwager Murat zum Großmeister ernennen ließ. Nur Wenige unter den deutschgesinnten Preußen sind, so lange die Feinde das Land besetzt hielten, dem unterirdischen Treiben ganz fern geblieben. Auch Stein traf, wie Schön erzählt, in Königsberg zuweilen in tiefem Geheimniß mit Gneisenau, Süvern und anderen Freunden zu— sammen um die Lage des Vaterlandes, die Möglichkeit der Wiedererhebung zu besprechen. Selbst die hellen Köpfe — so gewaltig war die Aufregung — wollten nicht ganz lassen von der bodenlosen Hoffnung, daß vielleicht ein glücklicher Handstreich, eine plötzliche Erhebung des Volks den franzö- sischen Spuk verscheuchen könnte. In den Gesellschaften des Berliner Adels thaten sich Einige, zumal unter den Damen, durch die urwüchsige Kraft ihres Franzosenhasses, durch lautes Schelten gegen die Halben und Schwächlinge hervor; man nannte sie unter den Uneingeweihten den Tugendbund, und alle Welt wußte, wann sie sich insgeheim versammelten, da die deutsche Ehrlichkeit sich auf die dunklen Künste der Verschwörer schlecht verstand. Ernsthaftere Pläne verfolgte eine Reihe anderer form- loser patriotischer Vereine, denen Lützow und Chasot, Reimer, Eichhorn, Schleiermacher, wackere Männer des Heeres, des Bürgerthums und der Wissenschaft angehörten. Hier kaufte man Waffen auf, so weit die ärm- lichen Mittel reichten, suchte die Gesinnungsgenossen ringsum in Deutsch- land zu sammeln, zu ermahnen, zu ermuthigen; wie oft ist Leutnant Hüser von Berlin nach Baruth hinübergeritten um Briefe an den Mit- verschworenen Heinrich Kleist auf die sächsische Post zu geben. Später stiftete Jahn mit einigen seiner Turnfreunde einen Deutschen Bund; wie die Eidgenossen auf dem Rütli traten die Verschworenen Nachts im Walde bei Berlin zusammen und weihten sich zum Kampfe für das Vaterland. Als der Ausbruch des Krieges sich weiter und weiter hinausschob, ging unter den Heißspornen zuweilen die Rede: wenn dieser Zauderer Fried- rich Wilhelm durchaus nicht wolle, so müsse sein Bruder, der ritterliche Prinz Wilhelm den Thron besteigen. Die Zeit lag im Fieber. Es war ein ewiges geheimnißvolles Kommen und Gehen unter den Patrioten; sie zogen verkleidet umher, sammelten Nachrichten über die Stellungen des Feindes, über die Stärke der festen Plätze; auch der Offenherzige mußte lernen mit sympathetischer Tinte zu schreiben, unter falschem Namen zu reisen. Wie hatte sich doch die stille norddeutsche Welt verwandelt, welche Wildheit dämonischer Leidenschaft flammte jetzt in den vormals so friedlichen Herzen! Die ganze neue Ord- nung der Dinge stand auf zwei Augen; unwillkürlich ward der Gedanke laut, ob diese sich denn niemals schließen sollten? Die treue Gräfin Voß flehte im stillen Kämmerlein zu ihrem Gott, er möge diesen Mann des Unheils von der Erde hinwegnehmen. Unter den jungen Leuten im Magde-