320 I. 3. Preußens Erhebung. digung fanden, so wurde die gemeinsame Verehrung für die Heroen von Weimar ein Band der Einheit für alle Gebildeten. Auch dieser Cultus kam dem Selbstgefühle der unglücklichen Nation zu gute. Selbst in den bildenden Künsten erwachte endlich wieder fröhliche Werdelust; die Anfänge unserer neuen Malerei verknüpften sich unmittel- bar mit der Wiederentdeckung des deutschen Alterthums. Wie einsam war noch Asmus Carstens geblieben mit seinem genialen Drange nach der Einfalt der Natur und der Großheit der Antike — der Prophet einer schöneren Zeit, die er nicht mehr sehen sollte. Jetzt aber fand sich in dem Kloster von San Isidoro zu Rom eine ganze Schaar deutscher Maler zusammen, ein begeistertes, streitbares junges Geschlecht, das für Dürer, Memling, van Cyck schwärmte und sich berufen hielt, zu Ehren Gottes. und des deutschen Vaterlandes die akademische Kunst der Franzosen durch die Treue und den Tiefsinn des alten christlich-germanischen Wesens zu besiegen. Die Katholiken waren unter den jungen Malern von Haus aus stärker vertreten als unter den Dichtern und Gelehrten; ein Katholik war auch der Größte unter ihnen, Peter Cornelius, nur, daß auch er an dem Borne der norddeutschen Bildung getrunken hatte und sein Bekenntniß in einem weiten und großen Sinne auffaßte. Ein heiliger Ehrgeiz schwellte ihm die Seele und er betete: „so schufst Du dies Herz nach himmlischen Thaten sich sehnend, in der Demuth groß und in unendlicher Liebe zu Dir.“ Glühend und strenge, nach Dürerischer Art, sollte die deutsche Malerei sich zeigen, denn nur durch die Deutschen könne die Kunst eine neue Richtung erhalten, von dieser Nation aus wolle Gott ein neues Reich seiner Kraft und Herrlichkeit über die Welt verbreiten. Das Reise- geld zur Romfahrt, das ihm der Fürstprimas Dalberg anbot, wies der junge Künstler kurzerhand zurück, weil man ihm zumuthete französischen Mustern zu folgen. Aus der vaterländischen Sagenwelt, aus Faust und den Nibelungen entnahm er die Stoffe zu seinen ersten größeren Werken — eine echt deutsche Natur, ernst, tief und groß, unerschöpflich reich an Idcen, aber hart und ungelenk in der Form, fast mehr ein Dichter als ein Maler. Auch für ihn galt der Name poeta tacente, womit man einst treffend die Eigenart Dürer's bezeichnet hatte. Als Cornelius endlich nach Rom kam, wuchs er bald hinaus über das einseitige Nazarenerthum Overbeck's und der Klosterbrüder von San Isidoro, die nur in der nordischen und der älteren italienischen Kunst das wahre Christenthum wiederfinden wollten. In seinem Geiste fanden neben Siegfried und Faust auch die Gestalten der Ilias und der Aeneide Raum; auch die heidnische Schönheit der Werke des Cinquecento genoß er mit tiefem Verständniß. So hat er, unerbittlich an sich selber arbeitend und mit jedem neuen Blatte des Nibelungencyelus wachsend und erstarkend, den Grund gelegt für den monumentalen Stil der deutschen Malerei. Und wie vormals die classische Dichtung, so entsprang auch diese Er-