418 I. 4. Der Befreiungskrieg. zurückgehen konnte. Damit die Bewegung nicht ganz in's Stocken ge- riethe mußte York sich zu einem zweiten eigenmächtigen Schritte ent- schließen: am 8. Januar kam er nach Königsberg, übernahm das Com- mando der Provinz. Unbeschreiblicher Jubel empfing ihn, aus dem Munde des Studenten Hans von Auerswald nahm er die feierliche Versicherung entgegen, die preußische Jugend sei bereit, für König und Vaterland in den Tod zu gehen. Die Provinz war des besten Sinnes voll, zu jedem Opfer bereit, obgleich sie furchtbar gelitten und soeben noch durch den Marsch der großen Armee über 33 Millionen Thaler verloren hatte. Doch was thun ohne die Krone? Dies Volk war monarchisch bis in das Mark der Knochen; wer durfte ihm gebieten anders als im Namen des Königs? Rathlos schwirrten die Meinungen und Vorschläge durch einander. Einige ständische Deputirte richteten eine Eingabe an den König, beschworen ihn, sich Rußland anzuschließen, den Untergang des ruhm- würdigen deutschen Namens zu verhüten; Andere forderten laut, daß der Landtag sich eigenmächtig versammele und die Aushebung der Landwehr anbefehle. Manchen treuen Beamten quälte die Sorge vor der Länder- gier der Russen, die doch noch Feinde waren, also nach Völkerrecht sich des Landes bemächtigen durften. Noch traten sie überall schonend auf; der Ehrgeiz des Czaren war auf Warschau gerichtet und nichts lag ihm in jenen Tagen ferner, als ein arglistiger Anschlag gegen Altpreußen. Als der heißblütige Bärsch in Königsberg einen Aufruf zur Volksbewaff- nung drucken wollte, versagte der russische Commandant gewissenhaft das Imprimatur: solche Aufrufe dürften nur im Namen des Landesherrn oder seiner Beauftragten erlassen werden. Aber wie lange konnte diese Schonung währen, wenn Preußen sich nicht offen für Rußland erklärte? Präsident Wißmann eilte mit einigen anderen Beamten nach Berlin, um den Staatskanzler anzuflehen, daß der König um Gotteswillen ein entscheidendes Wort spreche, sonst drohe der Aufruhr oder vielleicht die russische Eroberung. Nork schrieb an Bülow, versuchte ihn zu bereden, daß er mit seinem Corps gegen die Oder und Elbe aufbreche: „Die Armee will den Krieg gegen Frankreich. Das Volk will ihn, der König will ihn, aber der König hat keinen freien Willen. Die Armee muß ihm diesen Willen frei machen. Erkämpfen, erwerben wollen wir unsere natio- nale Freiheit. Die Selbständigkeit als ein Geschenk annehmen heißt die Nation an den Schandpfahl der Erbärmlichkeit stellen!“ Indeß begann der eiserne Mann doch unsicher zu werden, als vom Hofe noch immer keine Antwort kam und endlich die Berliner Zeitungen die niederschmetternde Nachricht brachten, die Convention von Tauroggen sei durch den König verworfen, er selber des Commandos entsetzt. Der General wagte gleich- wohl den Oberbefehl fortzuführen, da ihm die Absetzung nicht amtlich mitgetheilt wurde. Aber die Unkenntniß der wirklichen Absichten der Krone quälte und verstörte das Gemüth des strengen Royalisten; sich auflehnen