452 I. 4. Der Befreiungkrieg. schmückte er sich gern mit allen seinen Orden wie für ein bräutliches Fest, und niemals in allen den Fährlichkeiten seines Kriegerlebens ist ihm auch nur der Einfall gekommen, daß eine Kugel ihn hinstrecken könnte. Gewaltig war der Eindruck, wenn er zu sprechen anhob mit seiner schönen, mäch- tigen Stimme, ein Redner von Gottes Gnaden, immer der höchsten Wir- kung sicher, mochte er nun in gemüthlichem Platt mit Wachtstubenspäßen und heiligen Donnerwettern die ermüdeten Truppen aufmuntern oder den Offizieren klar, bündig, nachdrücklich seine Befehle ertheilen oder end- lich in festlicher Versammlung mit schwungvollen Worten einen vater- ländischen Ehrentag verherrlichen. Wer täglich mit ihm verkehrte wurde ihm ganz zu eigen; seine geliebten rothen Husaren hatte er so bis auf den letzten Mann in seiner Gewalt, daß nach der unglücklichen Ratkauer Capitulation kein einziger der Rothen nach Frankreich geführt werden konnte: alle entkamen den Siegern, die meisten schlichen sich nach Ost- preußen zu ihrem Könige durch. Blücher kannte Land und Leute des deutschen Nordens wie Niemand sonst unter den preußischen Generalen. Während eines langen wechsel- reichen Dienstlebens war er in jeder Landschaft vom Rheine bis zur pol- nischen Grenze heimisch, auch als Landwirth mit den Verhältnissen des bürgerlichen Lebens wohl vertraut geworden. Ueberall wohin er kam ge- wann er die Herzen, wie er so fröhlich lebte und leben ließ, mit Hoch und Niedrig zechte und spielte, immer aufgeknöpft und guter Dinge und doch gewiß sich niemals wegzuwerfen. So stärkte ihm die Schule des Lebens den deutsch-vaterländischen Sinn, den einst Klopstock's Oden in der Seele des Jünglings geweckt hatten. Wie fest er auch an seinen preu- ßischen Fahnen hing, er fühlte sich doch immer, gleich Stein, schlechtweg als einen deutschen Edelmann. Grenzenlos war sein Zutrauen zu der un- verwüstlichen Kraft und Treue seines Volkes. Das Herz ging ihm auf wo er die ursprüngliche Frische und Freiheit germanischen Wesens fand; daher seine Vorliebe für das freie Volk der Friesen und das selbstbewußte Bürger- thum der Hansestädte, sein Abscheu wider den Kastenstolz und die vater- landslose Gesinnung des münsterländischen Adels. Im Alter beklagte er oft, daß er über dem Saus und Braus des lustigen Husarenlebens seine Bildung so ganz vernachlässigt habe. Ein angeborener Freisinn, der sichere Instinct eines großmüthigen königlichen Herzens ließ ihn gleichwohl fort- schreiten mit der wachsenden Zeit. Lange vor den Reformen von 1807 hatte er die Prügelstrafe bei seinen Rothen thatsächlich abgeschafft; der pedantische Zwang unnützer Paradekünste war ihm ein Gräuel, und frühe schon sprach er aus, daß die Armee zu einem Volksheere werden müsse. Von dem junkerhaften Wesen seiner mecklenburgischen Standes- genossen blieb er ganz frei. Wie er selber seine Erfolge allein der eigenen Tüchtigkeit verdankte, so hieß er freudig Alles willkommen, was die per- sönliche Kraft, die freie Thätigkeit, das Selbstvertrauen in der Nation er-