Blücher's Zug über die Elbe. 499 Stirn im Senate auszusprechen: „ich weiß mehr als irgend Jemand, was unsere Bevölkerung zu gewärtigen hätte, wenn sie sich jemals be— siegen ließe!“ Umringt von den drei feindlichen Heeren versuchte Napo— leon noch mehrmals durch einen Angriff sich Luft zu machen; zweimal wendete er sich gegen das schlesische Heer, das bis in die Lausitz vorge— drungen war, einmal gegen die böhmische Armee; aber Blücher wich ihm gewandt aus, und als der Imperator am 10. September von der Höhe des Geiersberges in das Teplitzer Thal hinabschaute, da fand er doch nicht den Entschluß, dem böhmischen Heere die Schlacht anzubieten. Es war ein ewiges va et vient, wie Napoleon sagte. Das nutzlose Spiel drohte sich in's Unendliche zu verlängern. Die große Armee rührte sich nicht vom Flecke. Karl Johann benutzte den Sieg von Dennewitz nicht, wollte die Elbe nicht überschreiten, so lange Wittenberg noch in französi- schen Händen war. Wohl vereitelte das Corps Wallmoden's durch das Gefecht an der Göhrde einen Versuch Davoust's die Besatzung von Magde- burg zu verstärken; die Parteigänger Colomb und Thielmann errangen manchen schönen Erfolg im Rücken des Feindes, ja den Kosaken Czer- nitscheff's glückte es sogar für einige Tage Cassel zu besetzen und den König Jerome aus seiner Hauptstadt zu verjagen. Doch was bedeutete das Alles für den Ausgang des großen Krieges? Clausewitz spottete, die beiden Theile ständen sich gegenüber wie der Hund und die Feldhühner, die einander starr ansehen bis der Jäger sein Faß an! ruft. Von Blücher und Gneisenau ward endlich dieser fröhliche Jägerruf angestimmt. Sie hatten den wiederholten Befehl zum Abmarsch nach Böhmen unbefolgt gelassen, weil sie der schlesischen Armee die Freiheit der Bewegung erhalten wollten. Als der Krieg völlig in's Stocken kam entschlossen sie sich eigenmächtig, nordwestwärts über die Elbe zu ziehen und den Zauderer Bernadotte mit sich fortzureißen; gelang dies, so mußte das große Hauptquartier endlich den Muth finden das Erzgebirge zu über- schreiten, und etwa in der Gegend von Leipzig konnten die drei Armeen sich vereinigen. Zog Napoleon mittlerweile nach Schlesien, um so besser für die Verbündeten, dann verlegten sie ihm mit gesammelter Kraft den Rück- zug; nicht die Sicherung einer Provinz, sondern das Lager des Feindes war Gneisenau's Ziel. Wir also, schrieb er stolz, wollen die Scene eröffnen und die Hauptrolle übernehmen, da die Andern es nicht wollen. Der König war mit dem kühnen Entschlusse einverstanden, aber der russische Bevoll- mächtigte im Blücher'schen Hauptquartier legte förmlich Verwahrung ein. Am 26. September traf Bennigsen mit der russischen Reservearmee aus Polen im Teplitzer Thale ein; Schwarzenberg gebot fortan über eine gewaltige Uebermacht, wenn er sie nur zu vereinigen verstand. Am selben Tage brach Blücher aus der Lausitz auf; es war die entscheidende Wen- dung des Feldzugs. Am 3. October überschritt er die Elbe bei Warten- burg, in jener sumpfigen Niederung, wo die schwarze Elster sich mit dem 32