522 I. 5. Ende der Kriegszeit. aber nachdem er einmal der Hofburg den Vortritt bei den süddeutschen Verträgen eingeräumt hatte konnte er dem Unheil nicht mehr wehren. Und trotz so vieler bitterer Erfahrungen kam der Vertrauensvolle über die Absichten des Wiener Hofes noch immer nicht in's Klare. Er beklagte lebhaft die „fehlerhafte, ganz thörichte, übereilte Art“ jener Verhandlungen) und erkannte nicht, daß Metternich keineswegs aus leichtsinniger Gut- müthigkeit fehlte, sondern vielmehr geschickt und folgerecht das bereits in Teplitz ausgesprochene Ziel der Selbständigkeit aller deutschen Fürsten verfolgte. Sechs Wochen nach der Entscheidungsschlacht waren die Fürsten- revolutionen von 1803 und 1806 durch eine große Amnestie gesühnt, Frankreichs deutsche Vasallen allesammt in die große Allianz aufgenommen. Einzelne der kleinen norddeutschen Fürsten freuten sich ehrlich der Er- lösung vom fremden Joche, keiner aufrichtiger als Herzog Karl August. Der Weimarische Hof war auch während dieser argen Jahre eine Heim- stätte deutschen Geistes geblieben; Napoleon selbst hatte die fürstliche Hal- tung der Herzogin bewundert, als sie ihm nach der Jenaer Schlacht stolz und würdig entgegentrat. Ihr aber blieb ein tiefer Abscheu gegen den Imperator; sie errieth, wie Luise von Preußen und Karoline von Baiern, mit dem sicheren Instinct des edlen Weibes den Zug der Gemeinheit in dem Wesen des großen Mannes. Wie sie empfand ihr Gemahl; die Franzosen wollten dem leichtlebigen, lustigen Herrn nichts Arges zutrauen und ahnten nicht, daß er jahrelang mit den preußischen Patrioten in ge- heimem Verkehr stand. Sobald er die Hände wieder frei hatte trat er als russischer General in das Heer der Verbündeten ein und sagte trau- rig über seinen noch immer hoffnungslos verstimmten Freund Goethe: „Laßt ihn, er ist alt geworden!“ Ganz anders war die Stimmung der süddeutschen Höfe. Sie thaten nur was sie nicht lassen und ließen nur was sie nicht thun durften. Unver- hohlen sprach Montgelas seinen Groll aus wider „die fatale Deutschheit". Der württembergische Despot verbot bei Festungsstrafe alle politischen Ge- spräche, entließ sofort den bei Leipzig übergegangenen General und herrschte einen seiner Landvögte, der sich im deutschen Sinne ausgesprochen hatte, mit der Weisung an: „Es ist die Pflicht eines jeden guten Dieners, nur die Sache, für welche sich sein Souverän erklärt hat, als die wahre gute Sache anzusehen.“ Von seinem Besuche im Frankfurter Hauptgauartier kehrte er sehr unwirsch heim. Keinen Fetzen nachbarlichen Landes hatten ihm die Verbündeten zum Lohne für den Fahnenwechsel gewährt, wie viel einträglicher war doch der Dienst des Imperators gewesen! Sofort trat er wieder in geheimen verrätherischen Verkehr mit dem freigebigen Protec- tor. Auch in Baden währte es eine geraume Weile, bis die Karlsruher *) Hardenberg's Tagebuch, 1. December 1813.