534 I. 5. Ende der Kriegszeit. Münster meinte noch, man müsse Friedrich August nicht achten sondern ächten. Wer den hinterhaltigen Biedersinn des österreichischen Monarchen durchschaute, konnte freilich die Herzenswünsche der Lothringer leicht er- rathen; Kaiser Franz forderte nämlich, der gefangene König solle nach Prag übersiedeln, seine Truppen dem österreichischen Heere angeschlossen werden. Preußen und Rußland erwirkten jedoch, daß Friedrich August nach Berlin abgeführt und Sachsen vorläufig einem russischen Gouver- neur untergeordnet wurde. Die Einsetzung einer preußischen Verwaltung, welche den Uebergang zur Einverleibung vermittelt hätte, blieb vorder- hand unmöglich, da man ohne Oesterreichs Zustimmung nicht über die gemeinsame Eroberung verfügen durfte. Die Mitglieder des sächsischen Königshauses hielten unter dem Schutze der französischen Waffen in dem belagerten Dresden aus; sobald die Hauptstadt capitulirte, bot Kaiser Franz seinen Verwandten Wohnsitze in Oesterreich an. Prinz Anton, des Kaisers Schwager, begann von Prag aus eine emsige geheime Thä- tigkeit zur Rettung seines gefangenen Bruders; die Umgebung Friedrich August's setzte von vornherein ihre besten Hoffnungen auf Oesterreichs Gunst. Der Staatskanzler bemerkte nichts von alledem. Er theilte, während des Aufenthaltes der Monarchen in Freiburg, dem österreichischen Minister seine sächsischen Pläne vertrauensvoll mit und nahm, da der verschlagene Oesterreicher bei einem freundschaftlichen Diner ihm einige süße Worte erwiderte, leichten Sinnes als sicher an, daß Metternich den preußischen Absichten zustimme.“") Dort im Breisgau wurde der alte Landesvater Kaiser Franz mit überströmender Freude empfangen. War doch dies Vor- derösterreich immer eine der bestverwalteten Provinzen des Kaiserhauses gewesen. Das Volk sehnte sich zurück nach dem schlaffen, bequemen Re- gimente, der mächtige katholische Adel grollte der bürgerlich aufgeklärten badischen Bureaukratie und konnte den Verlust seiner alten landständi- schen Verfassung nicht verschmerzen. Der Kaiser begegnete in der lieb- lichen Dreisamstadt überall altösterreichischen Erinnerungen: dort lag die Dauphinenstraße, die einst den Brautzug Marie Antoinettens gesehen, da das Denkmal am Martinsthore, das von den Kämpfen der Breisgauer Freiwilligen in den neunziger Jahren erzählte, hier das schöne alte Kauf- haus mit den Standbildern der Habsburger, das der Stadtrath zur Er- innerung an den kaiserlichen Besuch wiederherzustellen beschloß. Zahlreiche Breisgauer meldeten sich, den badischen Dienst verschmähend, zum Eintritt in das österreichische Heer; wiederholt ward der Kaiser in vertraulichen Unterredungen beschworen seine Kinder wieder an sein Vaterherz zu neh- men, ja bereits war der Stempel fertig für eine Denkmünze, welche die Wiedervereinigung verherrlichen sollte. Kaiser Franz zeigte sich den Wün- *) Hardenberg's Tagebuch, 8. Januar 1814.