Unfälle des schlesischen Heeres. 543 Wie durch ein Wunder sah sich Napoleon von dem sicheren Untergange gerettet. Er zog alle seine Streitkräfte sogleich nach Sezanne heran, in der Mitte zwischen den beiden Heeren der Verbündeten, brach dann plötzlich gegen die linke Flanke der überraschten schlesischen Armee vor und schlug ihre ver— einzelten Corps mit seiner gesammelten Uebermacht in einer Reihe glänzen— der Gefechte während der fünf Tage vom 10. bis 14. Februar. Zuerst zer— sprengte er Olsuwieff's schwache Division bei Champaubert und drängte sich also mitten in die Colonnen des schlesischen Heeres hinein. Folgenden Tags entging Sacken's Corps bei Montmirail dem Untergange nur durch York's heroische Aufopferung; die verwegenen Litthauer lernten hier zum ersten male den Unbestand des Kriegsglücks kennen. Am 12. zogen sich die Tags zuvor geschlagenen Generale bei Chateau-Thierry nach hitzigem Gefechte auf das rechte Ufer der Marne zurück. Am 13. hielt Napoleon seinen triumphi- renden Einzug in die eroberte Stadt, um schon am 14. bei Etoges und Vauchamps dem letzten noch unberührten Corps der schlesischen Armee, das der Feldmarschall selber, noch ohne nähere Kenntniß von den Unfällen der letzten Tage, heranführte, einen unerwarteten blutigen Empfang zu bereiten. Auch diesmal war das Glück den Franzosen günstig. Während des Gefechtes kam ein furchtbarer Augenblick, der leicht dem ganzen Kriege ein schmähliches Ende bereiten konnte. Blücher, Gneisenau, Prinz August, Kleist, Grolman, fast alle die besten Männer des deutschen Heeres hielten eingepreßt in einem Viereck preußischen Fußvolks, von überlegenen feind- lichen Reiterschaaren rings umschwärmt. Blücher selbst suchte den Tod, lebendig sollte ihn der Feind nicht fangen. Grolman aber sprach mit mächtiger Stimme zu den Truppen, die sichere Ruhe der majestätischen Heldengestalt flößte den Verzweifelnden neuen Muth ein, mit dem Bajo- nette griffen sie die Reiter an und bahnten den Generalen den Weg bis zu dem nahen schützenden Walde. Unerschütterlich wie nur je in den Zeiten des Glücks hatten die Regimenter während dieser Tage der Prü- fung stand gehalten. Selbst jener stumme hagere Engländer, der immer mit demselben langweiligen, steifen Gesichte, mit dem Stocke die Luft durchfuchtelnd, neben Gneisenau einherzutraben pflegte, selbst Hudson Lowe fand kaum Worte genug, um den Löwenmuth dieser abgerissenen, halbverhungerten Helden zu preisen. Aber wie ruhmvoll immer — das beste Heer der Verbündeten war geschlagen, hatte 16,000 Mann und an fünfzig Kanonen verloren, nicht ohne die Schuld seiner Führer, die doch die Zuverlässigkeit der österreichischen Bundesgenossen kennen mußten. Noch einmal erhob sich strahlend das Gestirn des Kaiserreichs. Napo- leon hatte mit seinen 30,000 Mann einen fast zweifach so starken Feind angegriffen und war doch überall auf dem Schlachtfelde mit Uebermacht erschienen. Wieder wie in den Austerlitzer Zeiten wurden lange Züge von Gefangenen unter den Klängen der Feldmusik, den Parisern zur Augen- weide, an der Vendomesäule vorübergeführt. Wieder wie damals jubelten