Kriegskosten und Kunstschätze. 565 war hätte begehen können; denn wer mochte glauben, daß eine so sonnen— klare, unbestreitbare Forderung nicht die Unterstützung der Bundesgenossen finden würde? Als Preußen seine Rechnung dem Congresse zuerst vor— legte, widersprach Niemand unter den Verbündeten. In der Sitzung vom 17. Mai verlangte Humboldt sodann eine bestimmte Erklärung der Fran— zosen. Da erwiderte Laforest: sein König habe ihm unbedingt verboten über diese Frage auch nur zu verhandeln — und zwar unmittelbar nach einem Gespräche mit dem Czaren.) Nachher erfuhr der preußische Be- vollmächtigte vertraulich von Metternich und Anstett: die beiden Kaiser- mächte seien einig durchaus keine Geldforderungen an Frankreich zu stellen — sie allerdings hatten von Frankreich keine Schulden einzutreiben — und überließen den Preußen was sie thun wollten. Also war Preußen von seinen Alliirten völlig preisgegeben, in einer bizarren Situation, wie Hum- boldt sagte; und, fügte er mit bitterem Vorwurf gegen den Staatskanzler hinzu, mit etwas weniger Verschämtheit und etwas mehr Geschick hätten wir unsere gerechten Ansprüche schon vor dem Einzuge in Paris durch- setzen können. König Ludwig kannte den Haß seines Volkes gegen die Preußen und gab daher, sobald er von den drei Mächten nichts mehr zu befürchten hatte, die hochtrabende Antwort: „lieber dreihundert Millio- nen aufwenden um Preußen zu bekämpfen, als hundert um es zu be- friedigen!“ Sollte die norddeutsche Macht, mittellos wie sie war, mit ihrem gelichteten Heere den Krieg allein wieder aufnehmen? Es blieb kein Aus- weg; man mußte die Folgen der Fehler Hardenberg's tragen. Durch die Artikel 18 und 19 des Friedensvertrags verzichteten die europäischen Mächte — vorbehaltlich einiger Ansprüche von Privatleuten — wechselseitig auf alle ihre Schuldforderungen, ein Verzicht, der für Oesterreich und Ruß- land nichts, für Preußen eine ungeheure Einbuße bedeutete. Ueberall bei den Berathungen des Congresses erschienen die Preußen als die Dränger und Treiber und überall zogen sie den Kürzeren. Fried- rich Wilhelm nahm, wie sein treues Volk, als selbstverständlich an, daß die mit Verhöhnung alles Völkerrechts zusammengeraubten Kunstschätze jetzt zu ihren rechtmäßigen Eigenthümern zurückkehren würden; er forderte Alles zurück was seinem Staate an Büchern, Kunstwerken und Trophäen ab- genommen war und erreichte in der That eine mündliche Zusage. Als aber Humboldt den französischen Minister ernstlich über das Wann und Wie zur Rede stellte, wurde Talleyrand sichtlich verlegen und meinte: er glaube wohl, daß sein Herr Alles wieder herausgeben wolle; König Fried- rich Wilhelm möge noch einmal mit dem Monarchen sprechen; wahrschein- lich habe der premier gentilhomme du Roy diese Sache zu besorgen.“) Auf erneutes Drängen kam endlich die Berliner Victoria aus ihrem *) Humboldt's Bericht an den Staatskanzler über die Sitzung v. 17. Mai 1814. *) Humboldt an Hardenberg, 27. Mai 1814.