Die Verhandlungen über Polen. 627 der drei Höfe zurück: dann wurde die preußische Krone durch ihre ge— treuen Verbündeten wieder mit jenem polnischen Besitze beladen, den sie selber als eine verderbliche Last ansah, und verlor damit jeden Anspruch auf eine Entschädigung in Sachsen. Oder beide Theile bequemten sich zu einem Vergleiche — und dieser Ausgang war der wahrscheinlichere, da weder Oesterreich noch England in jenem Augenblicke einen Krieg wünschte: dann war mit Sicherheit vorauszusehen, daß Alexander, erbittert über Preu— ßens Widerstand, die sächsischen Ansprüche des preußischen Hofes nicht mehr unterstützte; von allen Seiten preisgegeben, hätte unser Staat, wenn er nicht einen Kampf gegen ganz Europa wagen wollte, sich mit einem Landstrich an der Warthe und etwa mit einigen Stücken der Lausitz begnügen müssen. So einfach stand die Rechnung. Für Metternich ergab sich zunächst die Auf- gabe, den Staatskanzler über den untrennbaren Zusammenhang der pol- nischen und der sächsischen Sache zu täuschen, die Lösung der sächsischen Frage hinauszuschieben und vorderhand mit Preußen und England vereint den Plänen Alexander's zu widersprechen; dann war das Bündniß zwischen Rußland und Preußen gesprengt und die Demüthigung der norddeutschen Großmacht sicher. Die Falle war erstaunlich plump. Schon im September schrieb Gentz hoffnungsvoll an Karadja: wenn es nur gelinge, die Ver- größerung Rußlands im vormals preußischen Polen zu ermäßigen, so falle der einzige Grund für die Einverleibung Sachsens hinwegl In der That wurde die Aufmerksamkeit der preußischen Staats- männer fast gänzlich durch die polnischen Angelegenheiten in Anspruch genommen. Die Generale verlangten einmüthig eine militärisch haltbare Ostgrenze. Humboldt forderte, daß Preußen für das bedrohte Gleichgewicht Europas eintrete. Stein sagte dem Czaren mit genialer Sicherheit voraus, daß die Errichtung eines polnischen Königreiches unter russischem Scepter entweder zur Losreißung von Rußland oder zur gänzlichen Unterwerfung der Polen führen werde. In Hardenberg's Umgebung ließen sich auch be- redte Freunde der Polen vernehmen: so der liebenswürdige Fürst Anton Radziwill und der Geheimrath Zerboni, ein geistreicher Liberaler und schwärmerischer Bewunderer der sarmatischen Freiheit. Dem Staatskanzler selber schien das Vorrücken Rußlands gegen Westen weniger gefährlich als die Wiederherstellung des Königreichs Polen und die drohende polnische Propaganda. Alle diese Bestrebungen, grundverschieden unter sich, trafen doch zusammen in dem Gedanken, daß man Alexander's Pläne bekämpfen müsse; die Frage, wie dann Preußens eigene Ansprüche zu sichern seien, ward noch kaum ernstlich aufgeworfen. Der Czar war in Petersburg über den einmüthigen Widerspruch seines gesammten Hofes doch etwas erschrocken und begann zu zweifeln, ob er die Vereinigung Litthauens mit Polen seinen Russen zumuthen dürfe; indeß an der Wiederaufrichtung des polnischen Königthums hielt er hartnäckig fest. In Wien trat er sogleich offen heraus mit dem Vorschlage, daß 40“