Der Federkrieg um Sachsen. 645 trieben jener geheimen Vereine, die zur Bekämpfung Napoleon's so nütz— lich gewesen. Wilhelm Humboldt frohlockt in einem Briefe an Niebuhr, wie glorreich die Preußen dem Beispiele des von dem großen Historiker so herrlich geschilderten räuberischen Römervolkes zu folgen verständen: „nur Baiern mit seinem eisernen Ministerium steht uns noch im Wege!“ Neben solchen Kraftleistungen des bajuvarischen Bonapartismus erscheinen die spärlichen Kundgebungen aus Sachsen selbst zahm und harmlos. Ein kummervoller Aufruf „an alle teutschen Nationen“; ein anonymes Flug— blatt, verlegt „bei St. Landgier“; ein paar Schriften von Beamten und Advocaten, worin unter wiederholten „je und ja“ versichert wird, der Ver— fasser schreibe nur „aus innerer Ueberzeugung“ — das ist Alles. Auch die wenigen der Einverleibung günstigen Flugschriften aus Sachsen zeigen denselben Charakter politischer Versumpfung; nirgends ein großer natio— naler Gesichtspunkt, immer nur kleinbürgerliche Klagen über die Miß— bräuche der adlichen Vetterschaft und den bigotten Sinn des katholischen Hofes: wie anders in Preußen, wo die Prinzessin wie die Bürgersfrau den Luisenorden trägt und alle Religionsparteien der königlichen Gerech— tigkeit genießen! Auch die ausländischen Zeitungen begannen in dem Streite Partei zu ergreifen: durchgängig gegen Preußen. Da das Tory-Cabinet anfangs den preußischen Ansprüchen günstig schien, so nahmen sich die Whigs, nach der alten Regel englischer Parteitaktik, im Parlamente wie in den Zeitungen eifrig des gefangenen Königs an, und die öffentliche Meinung stand hinter ihnen. Die englische Nation hat während der zwei jüngsten Menschenalter dem Erstarken des deutschen Nordens immer ebenso feind— selig, wenngleich minder lärmend widerstrebt wie die Franzosen. Damals fand sie vollends ihre theuersten Handelsinteressen durch Preußen gefähr— det: Leipzig, der große Stapelplatz der britischen Waaren, durfte nicht in die Zollgemeinschaft eines großen Staates eintreten. In heiligem Zorne verfluchten die Redner der Whigs die arglistigen Anschläge der Despoten wider „die sächsische Nation“, und mit der gleichen erhabenen Begeisterung wurde die Vereinigung Genuas mit Piemont als der Tod der Freiheit Italiens gebrandmarkt. Die französische Presse hielt wie Ein Mann zu dem treuen Alliirten Napoleon's. Schon am 7. November, also bevor man in Paris den entscheidenden Schritt des Königs von Preußen kannte, verkündete die halbamtliche Quotidienne unverhohlen das Programm des bourbonischen Rheinbundes: die Regierung des allerchristlichen Königs ist vielleicht die einzige in Europa, welche bei einer Volksabstimmung auf einstimmige Anerkennung rechnen kann; „die schöne Rolle des Vertheidigers der Unterdrückten, des Beschützers der Schwachen, des bewaffneten Bürgen für die Heiligkeit der Verträge, das ist Frankreichs berechtigte Größe, hierin liegt ein legitimes und unverjährbares Uebergewicht;“ darum volle Selb— ständigkeit für Polen, das als ein schon bestehender Staat nur reicherer