730 II. 2. Belle Alliance. troffen wurde? Ein Sohn jener hochkirchlichen Toryfamilien, die sich als Eroberer in Irland niedergelassen hatten und inmitten der feind- seligen Kelten den Rassen= und Standesstolz, die Art und Unart des englischen Mutterlandes nur um so starrer bewahrten, hatte er nach alt- englischem Adelsbrauche die subalternen Stellen im Heere durch Geld und Gunst rasch übersprungen, schon mit fünfundzwanzig Jahren in dem Revo- lutionskriege ein Regiment befehligt. Sodann lernte er in Ostindien die Kunst des Herrschens, unter den Augen seines Bruders Richard Welles- ley, des genialen Begründers der britischen Großmachtstellung im Oriente. Streng gegen sich und Andere, unverbrüchlich gehorsam und pflichtgetreu, gerecht und ehrenhaft, kalt, sicher und verständig in Allem, zeigte er sich jeder der schwierigen militärischen und politischen Aufgaben, welche das in- dische Leben dem Heerführer stellt, vollauf gewachsen; und wie verwegen der Bedachtsame, der alle Möglichkeiten peinlich genau vorher erwog, zur rechten Stunde das Glück zu packen wußte, das lehrten der glänzende Sieg von Assaye über die sechsfache Uebermacht der Hindus und der kühne Reiterzug in die Berge der Mahratten. Nach Europa zurück- gekehrt nahm er Theil an der berüchtigten Raubfahrt nach Kopenhagen, tapfer und tüchtig wie immer, aber auch vollkommen gleichgiltig gegen das traurige Schicksal des ruchlos überfallenen schwachen Gegners; denn niemals war ein Sohn Britanniens so ganz durchdrungen von der alt- nationalen Ansicht: right or wrong, my country! Nachher übernahm er den Oberbefehl in Portugal, von Haus aus voll ruhiger Siegeszuver- sicht; trocken erklärte er: „ich werde mich behaupten.“ Der theatralische Prunk der neufranzösischen Kriegsherrlichkeit machte auf diesen nüchternen Kopf gar keinen Eindruck; an dem Sturze Napoleon's zweifelte er nie- mals. Während der sechs Jahre des Halbinselkrieges erzog er seine Söldner zu Virtuosen in allen Künsten der altüberlieferten Kriegsweise. Von Neuerungen und durchgreifenden Verbesserungen hielt er nichts; niemals hat er irgend ein Verdienst begünstigt, niemals eine Beförderung außer der Reihe vorgeschlagen. Selbständige, denkende Generale waren ihm unbequem, während sein weitherziger Bruder Richard begabte Untergebene in ungestörter Freiheit schalten ließ; er brauchte zuverlässige, geschickte Werk- zeuge und fand sie mit sicherer Menschenkenntniß heraus. Seine Adju- tanten waren zumeist junge Lords, die auf den besten Pferden der Welt die Befehle des Feldherrn pünktlich überbrachten und auf jede eigene Meinung gehorsam verzichteten. Er kannte seinen Werth, sagte seinen Freunden im Tory-Cabinet gerade heraus: „Ihr habt Niemand außer mir,“ ließ sich mit einer außerordentlichen, nie mißbrauchten Vollmacht ausstatten, so daß er jeden Offizier ohne Weiteres suspendiren und in die Heimath zurücksenden konnte. Seine Generale durften während der Schlacht in der angewiesenen Position Alles thun, was sie für gut hielten, aber das nächste Hinderniß vor ihrer Front war ihre unüberschreitbare