Wellington. 731 Grenze, bei Strafe des Standrechts. Die Offiziere liebten den Gestrengen wenig, der nie in kameradschaftlicher Herzlichkeit aufthaute, nie einen An— flug von Wohlwollen oder Großmuth verrieth, auch nicht wenn der Dienst dabei keinen Schaden nehmen konnte. Der durchbohrende Blick der kalten Augen, die stolzen Züge mit der Adlernase und dem festgeschlossenen unbeweglichen Munde, der scharfe befehlende Klang der Stimme verboten jede vertrauliche Annäherung. Aber Alle gehorchten, Alle fühlten sich stolz dem schwer zu Befriedigenden genug zu thun; ein Tadel oder auch nur ein Urtheil über die Maßregeln des Feldherrn wagte sich selbst im ver- trauten Gespräche der Offiziere nicht heraus. Sie folgten seinen Befehlen blindlings wie den unerforschlichen Rathschlüssen des Schicksals; selten einmal würdigte er sie einer Ansprache und setzte dann in langsamer Rede schwer- fällig und unschön, aber bestimmt und deutlich seine Absichten auseinander. Eine so unbedingte Abhängigkeit war nur möglich in den kleinen Armeen der alten Zeit. In der That befand sich Wellington dann am wohlsten, wenn er selber, wie die Landsknechtsführer des sechzehnten Jahr- hunderts, die Frundsberg, Emser und Leyva, den persönlichen Mittel- punkt des Heeres bildete, wenn er seine Regimenter in dicht gedrängter Aufstellung eng um sich versammelt hielt und sie mit seinem Auge nahe- zu übersah. Tief unter den hochadlichen Offizieren, die ihre Patente durch Kauf erwarben, von ihnen getrennt durch eine unausfüllbare Kluft stand die rohe Masse der Mannschaft, der Abschaum des englischen Volks, wie Wellington selber sagte. Reicher Sold und gute Kost nebst der ent- sprechenden Prügeltracht hielt diese Miethlinge zusammen. Wunderbares vermochten die athletischen Körper mit ihrem altenglischen Boxermuthe, ihrer Muskelkraft und Ausdauer zu leisten, wenn der Drillsergeant sie einige Jahre lang unter seine Fuchtel genommen hatte; unwiderstehlich wirkte der Bajonettangriff der Hünengestalten der Garde oder der wuchtige Anprall der schweren Reiter auf ihren großen edlen Rossen. Aber wehe der Stadt, die von diesen Truppen mit Sturm genommen ward wie das unglückliche Badajoz; in dem Taumel des Sieges verlor die neunschwänzige Katze ihre Schrecken, die Bande der Mannszucht zerrissen und entfesselt rasten die Mordlust, die Raubgier, alle viehischen Begierden dahin. So glich das Heer einem großen, mit höchster Sicherheit arbeitenden Uhr- werke und war doch mehr als eine Maschine; denn in dem Offizierscorps lebten der ritterliche Anstand und der Nationalstolz des englischen Adels, auch der brutale Soldat war nach so vielen glänzenden Erfolgen dem nie besiegten Feldherrn ganz und gar ergeben, sah mit Selbstgefühl auf seine ruhmreiche Fahne. Wellington hatte in Spanien sein kleines Heer mit bedachtsamer Umsicht geschont, nur von Zeit zu Zeit, wenn alle Anzeichen den Erfolg verbürgten, einen kühnen Angriff gewagt, ohne je das Dasein seiner Armee auf das Spiel zu setzen. Dem Imperator selber war er niemals