Preußen an der Spitze der Mittelstaaten. 781 die Staatsmänner am stärksten den Gesichtspunkt der militärischen Siche— rung hervor, den einzigen, der auf eine Diplomatenversammlung einigen Eindruck machen konnte. Dr. Butte dagegen, in seiner vielgelesenen Schrift über die Friedensbedingungen, sowie die Mehrzahl der deutschen Zeitungen nahmen den Gedankengang Arndt's wieder auf und forderten die Sprach— grenze als ein natürliches Recht der Nation. Bei der freundlichen Ge— sinnung hüben und drüben stand auch ein ernster Streit über die Ver— theilung der Beute nicht zu befürchten, wenn nur erst der Rückfall des Elsasses an den Deutschen Bund gesichert war. Aber diese Entscheidung lag allein in der Hand der Großmächte, und nur zu bald zeigte sich in Paris, wie vor Kurzem in Wien, daß Humboldt's Traum vom „inter- mediären Europa“ ein leeres Phantasiegebilde war. England und Oester- reich, die er für Preußens natürliche Bundesgenossen ansah, verhielten sich gegen die deutschen Forderungen ebenso ablehnend wie Rußland und Frankreich. Am 6. August ließ sich Metternich zum ersten male vernehmen und erklärte feierlich, dieser Krieg sei gegen das bewaffnete Jacobinerthum geführt worden und dürfe nicht in einen Eroberungskrieg ausarten. Darum suchte er die Bürgschaften der europäischen Ruhe vornehmlich in einer ver- ständigen Ordnung der inneren Angelegenheiten Frankreichs und in einer vorübergehenden militärischen Besetzung; außerdem sollten die Festungen der vordersten Linie entweder an die Nachbarstaaten abgetreten „oder wenigstens geschleift werden“. Alsdann führte er näher aus, wie Deutsch- land nur der Festung Landau bedürfe, zum Ersatz für das zerstörte Philippsburg; im Uebrigen genüge es, wenn die Festungen im Elsaß ge- schleift würden und Straßburg nur seine Citadelle behielte. Den ge- wiegten Diplomaten des Viererausschusses mußte sofort einleuchten, daß jenes „oder wenigstens“, gleich beim Beginne der Verhandlungen ausge- sprochen, die wirkliche Meinung Metternich's kundgab; bei dem Systeme der Arrondirungspolitik, das er nun seit drei Jahren unbeirrt verfolgte, durfte er den Rückfall des Elsasses nicht wünschen. Nur die preußischen Staatsmänner, immer geneigt von dem österreichischen Freunde das Beste zu vermuthen, wollten den eigentlichen Sinn der k. k. Denkschrift nicht begreifen; sie bedauerten nur „die schwankende Haltung“ des Wiener Hofes, während die russischen wie die englischen Minister sofort erkannten, daß Oesterreich sich von der gemeinsamen Sache Deutschlands lossagte, und darum nur noch von „den preußischen Forderungen"“ sprachen. Auch auf England hoffte Hardenberg noch eine Zeit lang; war doch allbekannt, daß die Haltung Castlereagh's und Wellington's den Wünschen ihres Landes keineswegs entsprach. Die Londoner Presse forderte laut ent- schlossene Ausbeutung des Sieges; Castlereagh's Parteigenossen, die Torys, von jeher die entschiedensten Gegner Frankreichs, eiferten am lebhaftesten gegen jede falsche Großmuth. Lord Liverpool selbst schrieb im Namen