Der Streit um Salzburg. 131 So lagen die Verhältnisse zwischen den großen Mächten, als die ersten Bundestagsgesandten in der alten Krönungsstadt anlangten. Aber jener Fluch der Lächerlichkeit, welcher die Bundesversammlung durch ihr gesamtes Wirken begleiten sollte, verfolgte sie schon bei ihrer Geburt. Die auf den 1. September 1815 angekündigte Eröffnung wurde zunächst, infolge des Pariser Kongresses, um ein Vierteljahr verschoben. Darauf mußten die Gesandten, die sich im Laufe des Novembers einfanden, noch ein Jahr lang, unter dem Spotte der Frankfurter, auf den Beginn der Verhandlungen warten; denn die beiden Großmächte wünschten vorher erst die noch schwe— benden deutschen Gebietsstreitigkeiten zu beseitigen, vor allen den hoffnungs- los verfahrenen bayrisch-österreichischen Länderhandel. Der Münchener Hof hatte auf dem Wiener Kongresse den verheißenen ununterbrochenen Gebietszusammenhang nicht erlangt und behielt daher Salzburg nebst den Landstrichen am Inn, die an Osterreich ausgeliefert werden sollten, vorläufig noch in seinem Besitz. Um sich eine günstige Ausgleichung des Streites zu sichern, schloß er sich seitdem eng an die Politik der Hofburg an; sein Minister Rechberg unterstützte in Paris die Forderungen Preußens und der kleinen deutschen Staaten nur lau, da Osterreich die Verkleinerung Frankreichs nicht wünschte. Zum Danke ließ sich Metternich, in der Sitzung des Pariser Kongresses vom 3. Novbr., von den großen Mächten den dereinstigen „Heimfall“ des Breisgaus und der badischen Jungpfalz zusichern. Ohne das Karlsruher Kabinett einer Mit- teilung zu würdigen, verfügten die vier Mächte also völlig willkürlich über die Zukunft badischer Landschaften. Der Rückfall der badischen Pfalz war schlechthin rechtswidrig, und für den Heimfall des Breisgaus sprach auch nur ein künstlicher Scheingrund. Der Großherzog von Baden besaß den Breisgau kraft des Preßburger Friedens „in derselben Weise und mit den- selben Rechten“ wie vordem der Herzog von Modena; da nun das Kaiser- haus der nächste Erbe seiner modenesischen Vettern war, so stellte der Wiener Hof die ungeheuerliche Behauptung auf, er könne nicht nur nach dem Aussterben des Hauses Modena dessen italienische Besitzungen, son- dern auch nach dem Ableben der Zähringer Hauptlinie den Heimfall des Breisgaus fordern. Die großen Mächte erkannten diesen bodenlosen An- spruch an, weil den Staatsmännern Englands und Rußlands jede Kennt- nis der deutschen Verhältnisse fehlte, Hardenberg aber noch immer hoffte, OÖsterreich werde das Wächteramt am Oberrhein übernehmen. Mit diesem Unterhandlungsmittel in den Händen, forderte Metternich nunmehr den sofortigen Austausch von Salzburg gegen die linksrheinische Pfalz. Als Bayern abermals zögerte, verlor er endlich die Geduld und sendete im Dezember den General Vacquant nach München um die Her- ausgabe unter allen Umständen zu erzwingen; gleichzeitig rückte General Bianchi mit einem österreichischen Heere dicht an die bayrische Grenze. Zu spät erkannte jetzt der Münchener Hof, welche Torheit Wrede begangen 9#