Gebietsverhandlungen zwischen Österreich und Bayern. 133 Fast schien es, als sollte die Geschichte des Deutschen Bundes mit einem Bürgerkriege beginnen. Aber das bayrische Heer befand sich in einem kläglichen Zustande, und Metternich hielt seine Forderungen unerschütterlich fest. Er erklärte trocken, die verheißene „Kontiguität“ des bayrischen Ge- biets sei durch den Widerspruch der süddeutschen Nachbarstaaten unmöglich geworden, und gestand also mit gewohnter Gewissensruhe ein, daß er zu Ried und Paris seine bayrischen Freunde durch unerfüllbare Versprechungen betrogen hatte. Die Wittelsbacher wagten noch einen letzten Versuch. Der König schrieb an Kaiser Alexander, der ihn „aus Rücksicht auf die Ruhe des Deutschen Bundes“ dringend zur Nachgiebigkeit ermahnt hatte, und schämte sich nicht, den Zaren zu preisen, weil er das Elsaß den Fran- zosen bewahrt hatte: „Den großmütigen, beständigen und anhaltenden Be- mühungen Eurer Moajestät verdankt Europa vornehmlich seine Befreiung; Ihre Voraussicht vor allem hat Frankreich dem politischen Systeme Euro- pas erhalten, gegen die Sophismen des Ehrgeizes und gegen das Geschrei der Übertreibung. Sie werden nicht einem Bundesgenossen, der nur seine Erhaltung verlangt, den gleichen Schutz versagen wollen.““!) Bald darauf, im Februar 1816, ging Kronprinz Ludwig nach Mailand, um den Kaiser Franz persönlich zu gewinnen. Doch zur selben Zeit traf auch der Freiherr v. Berckheim im Auftrage des badischen Hofes dort ein, da man in Karlsruhe unterdessen erfahren hatte, was in Paris über die Zukunft des Breisgaus und der Jungpfalz beschlossen war; und nunmehr geriet der österreichische Hof zwischen zwei Feuer. Der badische Minister ver- wahrte sich feierlich gegen jede Verletzung der Rechte seines Fürsten; der bayrische Kronprinz mahnte den Kaiser Franz in seiner aufgeregten Weise an das gegebene Wort und forderte stürmisch das verheißene zusammen- hängende Gebiet; der treuherzige Kaiser aber erwiderte den Streitenden achselzuckend: „ich bin ein Körper und eine Seele mit meinen Alliierten und kann nichts ohne sie.“ Auch Metternich berief sich gelassen auf die Entscheidung der großen Mächte, und wenngleich er dem badischen Staats- manne den gereizten Ton seines Protestes scharf verwies, so bemerkte Berck- heim doch bald, daß Osterreich nur die Auslieferung Salzburgs erzwingen wollte und keineswegs ernstlich beabsichtigte, den Breisgau und die Jung- pfalz in Bayerns Hände zu bringen.) Unverrichteter Dinge kehrte Kronprinz Ludwig heim. Da alle vier Mächte dringend die endliche Beilegung dieser schmutzigen Händel forderten, bei denen die Zweizüngigkeit der Hofburg eine kaum weniger häßliche Rolle spielte, als Bayerns gierige Anmaßung, so wich der Münchener Hof einen *7) Kaiser Alexander an Max Joseph, 24. Dezember 1815. Antwort des Königs, 6. Januar 1816. **) Berckheims Bericht an das badische Ministerium, Mailand 14. Febr. Berck- heims Protest, 10. Febr. Metternichs Antwort, 22. Febr. 1816.