198 II. 5. Die Wiederherstellung des preußischen Staates. bedrohlich schien: Stein und den hochkonservativen alten Minister Voß- Buch. Die beiden Kirchen waren durch die Bischöfe Sack und Spiegel, die Wissenschaft durch Savigny vertreten. So lebte der alte Geheime Staatsrat, der seit dem Kurfürsten Joachim Friedrich bis zu den Tagen Steins, zuletzt nur noch als ein Schatten bestanden hatte, jetzt wieder auf, in neuen Formen, welche den gesetzlichen Gang der Verwaltung sicherten, ohne ihre rasche Schlagkraft zu lähmen. Dem neuen Staatsrate ver- dankte Preußen, daß die Gesetze der letzten Jahre Friedrich Wilhelms III. gründlicher, brauchbarer, gediegener ausfielen, als die zuweilen überhasteten Arbeiten der großen Reformperiode und doch, trotz der reiflichen Beratung, nicht wie späterhin die Gesetze der parlamentarischen Zeit den widerspruchs- vollen Charakter mühseliger Partei-Kompromisse trugen. Es war die letzte glänzende Vertretung der alten absoluten Monarchie, eine Vereinigung von Talent, Sachkenntnis und unerschrockenem Freimut, wie sie außer England kein anderer Staat jener Tage aufweisen konnte, eine Körper- schaft, deren Wirksamkeit allein schon genügte, alle die gehässigen Urteile über den preußischen Staat, die jetzt wieder in den deutschen Kleinstaaten umhergetragen wurden, zu widerlegen. Aber sie tagte geheim, in Preußen selbst wußte das Volk kaum etwas von ihrem Dasein. Am 30. März 1817 eröffnete Hardenberg die Sitzungen des Staats- rats mit einer Rede, die noch einmal den zuversichtlichen Ton früherer Jahre anschlug. Er sagte: die Aufgabe sei, „das Bestandene in die gegen- wärtigen Verhältnisse des Staats, in die Bildung des Volks und in die Forderungen der Zeit verständig einzufügen. Der preußische Staat — so schloß er — muß der Welt beweisen, daß wahre Freiheit und gesetzliche Ordnung, daß Gleichheit vor dem Gesetze und persönliche Sicherheit, der Wohlstand des Einzelnen sowie des Ganzen, daß Wissenschaft und Kunst, daß endlich, wenn's unvermeidlich ist, Tapferkeit und Ausdauer im Kampfe fürs Vaterland am besten und sichersten gedeihen unter einem gerechten Monarchen.““) Darauf wurden die neuen Steuergesetz-Entwürfe des Finanzministers einer Kommission übergeben. Währenddem besprachen sich die im Staatsrate versammelten Ober- präsidenten vertraulich über die Ergebnisse der neuen Verwaltungsordnung. Das Werk Steins, die Einheit der obersten Verwaltung galt noch keines- wegs allgemein als eine unwiderrufliche Tatsache; die rechte Grenze zwi- schen den unveräußerlichen Rechten der Staatsgewalt und dem Übermaße der zentrifugalen Kräfte war so schwer zu finden, daß im Schoße der Regierung selber noch lebhaft darüber gestritten wurde. Vor kurzem erst hatte der Staatssekretär Klewitz, ein wohlmeinender, in der Provinzial- verwaltung seiner magdeburgischen Heimat gründlich erfahrener Beamter der alten Schule, dem Staatskanzler im besten Glauben einen ungeheuren Rückschritt, die Wiederherstellung der Provinzialminister vorgeschlagen: eine 7) Protokolle des Staatsrats, erste Sitzung.