210 II. 5. Die Wiederherstellung des preußischen Staates. zu seiner Überraschung den Befehl, sich auf seinen Londoner Gesandt— schaftsposten zu begeben. Am 3. November und 2. Dezember erfolgte so— dann eine Neubildung des Ministeriums, welche allein die Departements des Krieges und der Polizei unberührt ließ und gleichwohl den Wünschen der Opposition nur halb entsprach. Bülow trat das Finanzwesen an Klewitz ab und behielt unter dem Titel eines Handelsministers nur noch die Leitung der Handelspolitik — eine Aufgabe, die seinem Talent und seinem Bildungsgange besser entsprach. Das unter Schuckmanns Verwaltung gänzlich vernachlässigte Unterrichtsdepartement wurde als Ministerium der geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten von dem Ministerium des Innern abgezweigt und unter Altensteins Leitung gestellt. Ebenso wurde von dem Justizministerium ein Ministerium für die Revision der Gesetze und die Justizorganisation der neuen Provinzen abgetrennt; an seine Spitze trat der Kanzler Beyme, der noch von den alten Zeiten her, da er Kabinetts- rat gewesen, das Vertrauen des Königs besaß und jetzt allgemein für einen entschiedenen Liberalen galt. Um die Einheit des Willens bei der Reform des Staatshaushalts zu sichern, errichtete Hardenberg endlich noch eine Generalkontrolle zur Prüfung sämtlicher Staatsausgaben sowie ein Schatzministerium für den Schatz, die Schuld, die außerordentlichen Aus- gaben und behielt sich die oberste Leitung beider Departements selber vor. So war denn keiner der Minister gänzlich beseitigt. Die Männer, die einander mit den härtesten Vorwürfen überhäuft, verstanden sich alle- samt zum Bleiben, weil der Staatskanzler doch ohne Rücksicht auf die Stimmenmehrheit selbständig zu entscheiden hatte. In der Staatsratskom- mission, welche die Reform des Steuersystems vollenden sollte, führten die beiden Gegner Bülow und Klewitz gemeinsam den Vorsitz. Der Zwie- spalt in der Regierung ward eher verschärft als gemildert; namentlich die Zersplitterung des Finanzministeriums in drei gleichberechtigte Departe- ments erwies sich sogleich als ein schwerer Mißgriff. Da die Kräfte des Staatskanzlers für dies Ubermaß der Arbeit nicht ausreichten, so über- ließ er die Staatsschuldenverwaltung gänzlich seinem Vertrauten Rother, einem sehr tüchtigen Finanzmanne, der sich durch sein rühriges Talent vom gelben Reiter zu den höchsten Staatsämtern emporgearbeitet hatte. In der Generalkontrolle aber herrschte bald unumschränkt der Direktor Geh. Rat von Ladenberg, ein Beamter der alten Schule von eisernem Fleiß und steifem Selbstgefühle, der die Steuerreform hartnäckig bekämpfte und zu dem alten Akzisesystem zurückstrebte. Deutscher Eigensinn und deutscher Pflichteifer hatten jederzeit heftige Reibungen zwischen den preu- Hischen Behörden hervorgerufen. Jetzt vollends, da der natürliche Zusam- menhang des Staatshaushaltes willkürlich zerrissen war, konnten erbitterte Händel nicht ausbleiben. Der Finanzminister Klewitz entbehrte des not- wendigen Ansehens bei den anderen Ministern, weil sie nicht von ihm die Bewilligung ihrer Ausgaben zu erwarten hatten, und sah sich darum außer