590 II. 10. Der Umschwung am preußischen Hofe. schon in Aachen soviel Not gemacht“, ernstlich heimzuleuchten; der Zar selber sei durchaus gutgesinnt. Ähnlich schrieb Metternich.“) Der Lord be— eilte sich natürlich seinen alten Freunden zu erwidern, daß er alle ihre Unter— nehmungen mit seinen glühenden Wünschen begleite, und sendete dem russischen Hofe eine Antwort (14. Jan.), „welche die Visionen des Grafen Kapo— distrias“ gründlich zerstörte. In der Form war seine Erwiderung freilich sehr vorsichtig gehalten. Er durfte die Whigs im Parlamente nicht reizen, die ihm soeben wieder, in einer donnernden Rede Lord Mintos „den Bund der Höfe gegen die Völker“ vorgeworfen hatten; daher weigerte er sich auch mit den anderen Höfen des Vierbundes gemeinsame Maßregeln für den Fall von Ludwigs XVIII. Tode zu verabreden, wie Metternich ihm vorgeschlagen, und gab seinem Schreiben an den russischen Gesandten die Wendung, daß England den Grundsatz der Nichteinmischung festhalten müsse.) Doch in der Sache sprach er sich entschieden für Osterreich aus, er billigte den Kampf gegen die Revolution und fand keinen Anlaß zu irgend welchen Beschwerden. Auch die badische Regierung hielt sich verpflichtet die Warnungen des Griechen scharf zurückzuweisen: „die Bundesakte“, schrieb ihm Berstett, „ist heute für Deutschland das Gesetz und die Propheten.“““) Seitdem ward Kapodistrias ganz still, Nesselrode gewann wieder für einige Zeit die Oberhand.)Aus den Tuilerien verlautete auch kein Wort des Widerspruchs. Ungestört, in stolzer Sicherheit durfte Metternich seines Weges ziehen. Überall in Europa meinte er bereits die segensreichen Folgen seiner „diplo- matischen Konterrevolution“ zu bemerken: scharf wie seit langem nicht mehr traten die französischen Minister den Independenten entgegen, und im englischen Parlament erfocht das Tory-Kabinett einen Sieg nach dem andern.##) Genutz hatte niemals stolzer, zuversichtlicher geschrieben als in diesem gesegneten Winter. Auf die Angriffe der französischen Presse er- widerte er höhnisch: „der Augenblick ist vielleicht nicht ferne, wo alle guten Bäter in Deutschland erkennen werden, daß das, was Verblendung oder Erbitterung den Todesstreich der deutschen Universitäten nannte, der An- fang ihrer Wiedergeburt war.“ Als die französischen Abgeordneten in einem Anfall zügelloser Parteiwut den Königsmörder Gregoire darauf aus der Kammer verstießen, da feierte der Osterreichische Beobachter die preis- würdige Tat mit dem staatsmännischen Ausspruch: „das Resultat muß für die Wünsche der Gutgesinnten heilbringend sein, weil es die Gegner in Trostlosigkeit versenkt hat.“ Adam Miller aber rief dem Freunde zu: „Nunmehr besteht diesseits und jenseits des Rheines eine solidarisch ver- *) Krusemarks Bericht, 2. Jan. 1820. **) Krusemarks Berichte, 2. Jan., 10. April 1820. 7*".*) Berstett an Kapodistrias, 10. Dez. 1819. )êKrusemarks Berichte, 17. Jan., 12. Febr. 1820. f) Krusemarks Bericht, 26. Dez. 1819.