Metternich und der Buchhandel. 23 einer Halbheit. Der Art. 59 verfügte, die Geschäftsordnung der Landtage müsse dafür sorgen, daß die gesetzlichen Grenzen der freien Aeußerung weder bei den Verhandlungen selbst noch bei deren Bekanntmachung durch den Druck überschritten würden. Also lief die versuchte Umgestaltung des deutschen constitutionellen Staatsrechts schließlich fast überall auf leere Worte hinaus. Den Mediatisirten gewährte die Schlußakte das Recht des Recurses an den Bund. Alle die anderen Verheißungen des zweiten Theiles der Bundesakte dagegen wurden, nach einigen unfruchtbaren Verhandlungen, dem Bundestage „zur ferneren Bearbeitung“ zugewiesen; diese humo— ristische Vertröstung auf die griechischen Kalenden blieb immer der letzte Nothbehelf, wenn man sich nicht einigen konnte. Nur zu dem Absatze der Bundesakte (Art. 18), welcher gemeinsame Maßregeln wider den Nachdruck versprach, erlaubte sich Metternich noch einen denkwürdigen Vorschlag. Aus Preußen verdrängt, trieb der literarische Raub in Oester- reich und den meisten der Kleinstaaten sein Unwesen ungestört weiter; jeder Band des umfänglichen Brockhaus'schen Conversationslexikons wurde von einer Stuttgarter Firma sofort nachgedruckt, und vergeblich setzte der rechtmäßige Verleger auf die Titelblätter der neuen Auflage das Calde- ronische Motto: „wie sie der Verfasser schrieb, nicht wie sie der Diebstahl druckte.“ In den Kreisen des altwürttembergischen Beamtenthums galt die Begünstigung des Nachdrucks geradezu für eine landesväterliche Pflicht, weil er so viel Geld ins Land brachte; auch unter den Juristen bestand noch weit verbreitet die Ansicht, daß der Nachdruck ein natürliches Recht sei, da sich der Begriff des literarischen Eigenthums allerdings nicht juristisch construiren ließ. Nach vergeblichen Beschwerden beim Bundestage wendete sich eine Anzahl angesehener Buchhändler, Perthes und Brockhaus voran, bittend an die Wiener Conferenzen; Brockhaus empfahl die Errichtung einer Aufsichtsbehörde in Leipzig, nach Art der französischen Direktion des Buchhandels. Dieser harmlose Vorschlag des ehrlichen Liberalen wurde nun in einer österreichischen Denkschrift, welche Metternich der Conferenz über- reichte, für die Zwecke der höheren Polizei ausgebeutet. Die Denukschrift stammte unverkennbar aus der Feder Adam Miller's, der als k. k. Ge- neralconsul in Leipzig lebte. Sie ging von dem Grundsatze aus, daß die Censur und der Schutz des literarischen Eigenthums unzertrennlich zu einander gehörten: in den Ländern der Preßfreiheit steht der Buch- handel ganz außerhalb des Civilrechts, während der Deutsche Bund durch die Censur „die Druckschriften gleich bei ihrer Entstehung in den voll- ständigen Nexus des Civilrechts aufnimmt und keinen unabhängigen neben dem wirklichen Staat herlaufenden Staat der Ideen anerkennt". Demnach muß die seit geraumer Zeit stillschweigend geduldete Genossen- schaft der deutschen Buchhändler als förmliche Corporation anerkannt