26 III. 1. Die Wiener Conferenzen. geschehen, war der verspätete Protest nur ein frivoles Spiel mit dem Buchstaben der Bundesverfassung, und die wiederholte Hinweisung auf den Einspruch des Auslandes ließ das Verfahren des Stuttgarter Hofes nur noch zweideutiger erscheinen. Sollte der Jammer der Wiener Ver- handlungen wirklich in Frankfurt von vorn beginnen? Sollten dieselben Fürsten, die soeben durch ihre Minister den Grundzügen der Bundes- verfassung die längst verheißene Ausbildung gegeben und dabei die Stimm- ordnung des Bundestags gewissenhaft eingehalten hatten, nunmehr das vollendete Werk durch ihre eigenen Bundesgesandten prüfen und vielleicht umgestalten lassen? Gewiß litt die Würde des Bundestags, wenn man ihn nöthigte, die Wiener Beschlüsse unbesehen anzunehmen; aber was ward aus der Würde der deutschen Souveräne, wenn dieser Gesandten- congreß, der doch allein von den Instruktionen seiner Auftraggeber abhing, wie eine höhere Instanz über eine freie Vereinbarung der sämmtlichen deutschen Regierungen entscheiden sollte? Welchen Erfolg versprach eine erneute Berathung in Frankfurt? Doch nur den einen, daß Wangen- heim, vielleicht unterstützt von den Rednern der süddeutschen Kammern, die Beschlüsse der Conferenz einer boshaften Kritik unterwarf und schließlich, nach erreichtem Aergerniß, sich wehmüthig der Mehrheit anschloß. Met- ternich schaute seinem Gegner in Herz und Nieren, als er an Kaeiser Franz schrieb: „die Sache soll zwar geschehen, der König will aber den Schein tragen, als unterwerfe er sich der Gewalt.“ Alle Höfe ohne Ausnahme theilten diese Ansicht. In Weimar richtete König Wilhelm nichts aus; auch der bairische Ministerrath verwarf die Vorschläge Württembergs, nachdem Wrede, unzweifelhaft im Auftrage König Max Joseph's, sich entschieden für die Politik der Bundestreue ausgesprochen hatte. Sämmtliche Mitglieder der Conferenz verpflichteten sich schriftlich, nicht eher auseinanderzugehen, als bis die Schlußakte end- giltig festgestellt sei, auch keine wiederholte Berathung am Bundestage zu dulden. Oesterreich aber nahm es auf sich, den widerspänstigen Hof an die Wand zu drücken, wie Bernstorff sich ausdrückte.“ Kaiser Franz und Metternich schrieben Beide nach Stuttgart und erklärten sehr nachdrück- lich, eine Revision ihrer Vereinbarungen würde die Conferenz dem Bundes- tage niemals gestatten; auch sei der Wiener Hof keineswegs gesonnen, die Wiener Beschlüsse wieder wie die Karlsbader durch eine Präsidial- proposition an den Bund zu bringen, denn er wolle nicht als alleiniger Gesetz- geber erscheinen, da alle Bundesglieder an dem Werke gleichen Theil gehabt hätten. Diese Sprache wirkte. In einer geschmeidigen Antwort (14. April) erklärte Wintzingerode seine Zustimmung zu den Ansichten der Conferenz und versuchte den ganzen Streit als ein Mißverständniß dar- zustellen. Um dem geschlagenen Feinde eine goldene Brücke zu bauen, *) Bernstorff's Berichte, 2., 3. April 1820.