Die Elbschifffahrts-Akte. 41 gaben und erstattete ihnen den Betrag zurück, falls der Verbleib der ein— geführten Waaren in Anhalt nachgewiesen wurde. Schamloser Unterschleif war die Folge dieser Erleichterung. Der an— haltische Schleichhandel wuchs von Monat zu Monat, und mit Ungeduld erwarteten die preußischen Finanzmänner die vertragsmäßige Regelung dieser leidigen Zustände, als endlich im Juni 1819 — viertehalb Jahre nach dem Zeitpunkte, welchen der Wiener Congreß vorgeschrieben — die Elbschifffahrts-Conferenz in Dresden eröffnet wurde. Dort sprachen Ham— burg und Oesterreich eifrig für die Befreiung des Flusses, die ihnen frei— lich nur Vortheil bringen konnte, da die Hansestadt gar keine Schifffahrts— abgaben erhob und die hohen böhmischen Elbzölle auf der wenig befahrenen obersten Stromstrecke nur geringen Ertrag brachten. Dänemark hingegen, Mecklenburg, Anhalt zeigten sich schwierig. Am hartnäckigsten aber ver— theidigte Hannover seinen Besitzstand; denn das welfische Königreich über— ließ die Sorge wie die Kosten für das Fahrwasser der Nieder-Elbe groß— müthig dem Hamburger Senate und erhob dafür in Brunshausen, nahe bei Stade, einige Meilen oberhalb der Mündung, seinerseits einen hohen Zoll von allen eingehenden Seeschiffen. Sein Bevollmächtigter verwahrte sich feierlich gegen jeden Versuch, dies Kleinod der Welfenkrone anzutasten: das sei ein Seezoll, der mit der Elbschifffahrt nichts zu schaffen habe, und nimmermehr könne die Absicht der Wiener Verheißungen dahin gehen, „die Basis alles volksthümlichen Glücks, den Rechtszustand zu erschüttern“. Kein Zureden half; die Conferenz mußte den Stader Zoll ganz aus dem Spiele lassen und nur den Stromverkehr oberhalb Hamburgs zu erleich— tern suchen. Nach zweijährigen Verhandlungen, die den preußischen Bevoll— mächtigten oft der Verzweiflung nahe brachten, kam endlich am 23. Juli 1821 die Elbschifffahrtsakte zu Stande, ein dürftiger Vergleich, der in Form und Inhalt die Spuren mühseliger Kämpfe verrieth; immerhin wurden die bestehenden Schifffahrtsabgaben doch etwas herabgesetzt, und der Verkehr auf dem Strome begann sich bald zu heben. Die preußische Regierung behauptete während dieses unleidlichen Ge— zänks durchweg eine versöhnliche Haltung, obgleich ihr Vertreter Mauve sich keineswegs durch liebenswürdige Formen auszeichnete. Sie gab für den Elbverkehr ihre Durchfuhrzölle auf, die einen so wesentlichen Bestand— theil ihrer Handelspolitik bildeten, und war bereit die Schifffahrtsabgaben noch weiter herabzusetzen als die kleinen Nachbarn zugestehen wollten; aber sie erklärte auch von vornherein, daß sie eine Schmugglerherberge im Innern ihres Staates nicht dulden werde und darum die Elbschifffahrts— akte nur unterzeichnen könne, wenn Anhalt sich ihrem Zollwesen an— schließe. Ihr Bevollmächtigter fügte warnend hinzu: das eigene Interesse der kleinen Regierungen gebiete ihnen das Zollsystem des großen Nach- barstaates zu unterstützen, „weil dadurch die zu ihren Gunsten bestehende Zerstückelung Deutschlands in ihren nachtheiligen Folgen gemildert werden