78 III. 2. Die letzten Reformen Hardenberg's. bestand, im Voraus beschränkte. Indeß er hoffte jetzt bestimmt den all- gemeinen Landtag schon in Jahresfrist zu eröffnen, und bis dahin konnte man eine neue Anleihe sicher vermeiden; selbst wenn ein Krieg über Nacht hereinbrach, besaß der Staat noch einen Nothpfennig an den zurück- behaltenen Staatsschuldscheinen. Die Zusage der ständischen Mitwirkung war auch durch finanzielle Rücksichten geboten; denn nur darum fand das Schulden-Edikt bei der Geschäftswelt eine so günstige Aufnahme. Selbst Rother, der keineswegs zu den liberalen Parteimännern gehörte, erklärte offen, ohne Reichsstände könne der öffentliche Credit nicht mehr auf die Dauer gesichert werden. Die Hoffnungen der Verfassungsfreunde begannen sich wieder zu be- leben. Marwitz aber meinte, durch die neue Civilliste und den Verkauf der Domänen verliere der König seine Wurzel im Staate, während um- gekehrt der liberale Schön klagte, seit der Errichtung des Kronfideicommisses sei der Monarch nur noch der erste der Landjunker. Nach der Ansicht des Führers der brandenburgischen Adelspartei hätte man einfach die Staatsschuld auf ein Drittel oder ein Zehntel ihres Nennwerthes herab- setzen sollen, da die Zinsen doch nur den Wucherern den Beutel füllten. Und zu allem Unheil vollzog der Staatskanzler gleichzeitig mit dem Schulden- Edikte den längst vorbereiteten nothwendigen Eingriff in die ständischen Institutionen Brandenburgs. Da der Staat mit der gesammten Staats- schuldenmasse auch die alte bisher von den Ständen der Kurmark ver- waltete brandenburgische Staatsschuld wieder selbst übernahm, so wurde die kurmärkische Landschaft mitsammt ihren Biergelds-, Hufen= und Giebel- schoßkassen von Rechtswegen aufgehoben. „Die sonstigen ständischen Ver- hältnisse", erklärte der König, „sollten dadurch nicht berührt, sondern später auf Grund der Verordnung vom 22. Mai neu geregelt werden.“ Als die Ritterschaft in einer höchst unehrerbietigen Vorstellung ihre angeblich verletzten Rechte verwahrte, ertheilte ihr der Monarch eine scharfe Rüge. Der Oberpräsident nahm das Berliner Landhaus in Besitz; die Führer der Ritterschaft verweigerten jede Mitwirkung, Allen voran der alte Minister Voß-Buch. Also erschien Hardenberg wieder, wie vor neun Jahren, als der rücksichtslos entschlossene Bändiger des märkischen Adels. Friedrich Buchholz aber, der früher die Herrlichkeit märkischer Stände- freiheit gepriesen, hielt nunmehr für zeitgemäß, in der „Neuen Monats- schrift für Deutschland“ zu beweisen, daß die Wiederherstellung der alten Zustände unmöglich sei; nur eine wirkliche Volksvertretung könne der neuen Zeit genügen. Auch der ständische Particularismus der rheinisch-westphälischen Edel- leute begegnete kalter Ablehnung. Sie waren vor Kurzem von dem Justizminister abgewiesen worden, als sie um Wiederherstellung des privi- legirten Gerichtsstandes baten. Jetzt beschwerten sich die Stände der Grasschaft Mark, an ihrer Spitze abermals der rastlose Bodelschwingh-