130 III. 2. Die letzten Reformen Hardenberg's. wie sich diese alten Territorialstände mit der neuen Provinzialeintheilung vertragen sollte, erregte ihm wenig Bedenken. Im Uebrigen wollte er den Unterthanen durchaus kein vorlautes Dreinreden in die Verfassungsfrage gestatten, wie er auch in seinen späteren Jahren der Krone gern die Stelle der Vorsehung vorbehielt; das Volk hatte schweigend abzuwarten, was der König über die Landstände verfügen würde. Darum wies er jene aller— dings ungestüme Schrift von Görres, der doch auch gut altständisch gesinnt war, so schroff zurück. Die Einberufung der Reichsstände wünschte der Kronprinz damals noch aufrichtig; nur sollten sie sich, gemäß der Ver— ordnung von 1815, „organisch“ aus den Provinzialständen herausbilden. Als grundsätzlicher Gegner des Kanzlers war der Thronfolger bisher noch niemals aufgetreten; denn der Streit über die Steuerreform bewegte sich doch nur um die thatsächliche Frage, ob wirklich ein Bedürfniß für die neuen Abgaben vorhanden sei. Da ward der Kronprinz mit einem male durch die Entwürfe der Communalordnungs-Commission aus seiner zuwartenden Haltung hinaus- gedrängt. Wie hätten diese Entwürfe ihm nicht ganz unannehmbar erscheinen sollen, die so scharf mit dem bureaukratischen Besen über die Sonderart der Landschaften dahinfegten, die den Landadel in den Grundfesten seiner alten Machtstellung bedrohten, ohne doch eine kräftige Selbstverwaltung für die Kreise zu begründen? Er konnte fortan dem Kanzler nicht mehr folgen, und es lag in der Natur der Dinge, daß er nunmehr mit der alt- ständischen Partei, die ohnehin seinen Neigungen nahe stand, sich zu ver- ständigen suchte. Sein Lehrer Ancillon, Wittgenstein, Schuckmann sprachen im gleichen Sinne, und hatte der Communal-Ausschuß durch den Versuch übermäßiger Centralisation schwer gefehlt, so tauchte jetzt im gegnerischen Lager der ebenso bedenkliche Vorschlag auf: ob man nicht lieber die Ge- meinde= und Kreisordnung der einzelnen Provinzen ganz in die Hände der künftigen Provinzialstände legen solle? Dergestalt schaarte sich aus alten und neuen Gegnern eine mächtige Opposition wider den Kanzler zusammen. Der Wind war ihr günstig, und leicht konnte sie bewirken, daß diese letzten, so erfolgreich begonnenen Reformen des greisen Staatsmannes ein Stück- werk blieben. So bedenklich standen die preußischen Dinge, als Hardenberg sich genöthigt sah, seine Thätigkeit wieder den europäischen Fragen zuzuwenden.