158 III. 3. Troppau und Laibach. zu verständigen. Alles sollte vermieden werden was den rächenden Arm der Hofburg in Italien irgend aufhalten konnte.“) Freilich ward diese Haltung Preußens nicht blos durch die Freundschaft bestimmt, sondern auch durch eine nüchterne realpolitische Erwägung, welche dem Wiener Hofe noch monatelang verborgen blieb. Der König wollte seinen erschöpften Staat unter keinen Umständen mit neuen Verpflichtungen belasten; keinen Mann und keinen Thaler dachte er für diese südländischen Wirren zu opfern. Behielt Oesterreich in Italien volle Freiheit, so blieb Preußen am sichersten aus dem Spiele. Auch die englische Regierung hätte für jetzt gern jede förmliche Verabredung zwischen den großen Mächten verhindert; denn lebhafter als Lord Castlereagh konnte selbst Metternich die Bändigung der Revolution nicht wünschen, und da eine europäische Intervention sich vor dem schwierigen Parlamente nicht verantworten ließ, so dachte das Tory-Cabinet die Züchtigung der Carbonari wo möglich der Hofburg allein zu überlassen. Daß Oesterreichs Machtstellung auf der Halbinsel sich dadurch von Neuem befestigen mußte, war dem alten Bundesgenossen des Hauses Lothringen nur willkommen. Um so bedenklicher erschien diese Gefahr dem Tuilerienhofe. Auch Richelien verabscheute die Revolution, die sich ja gegen die Vettern des Allerchristlichsten Königs richtete, jedoch das Uebergewicht Oesterreichs im Süden durfte kein französischer Minister noch verstärken helfen, und wer stand dafür, daß nicht England die italienischen Wirren benutzen würde um sich abermals auf Sicilien einzunisten? Daher beantragte Richelien schon in den ersten Tagen des August bei der Hofburg die Einberufung einer europäischen Reunion nach dem Muster des Aachener Congresses.“) In einem Rundschreiben an die großen Mächte lehnte Oesterreich den Vorschlag ab, weil er nur Zeitverlust bewirken und den englischen Hof abschrecken würde (28. August). Das Petersburger Cabinet dagegen ergriff den Gedanken Richelieus mit Feuereifer. Der Czar lebte und webte noch in dem Traume seines großen christlichen Bundes. Er hoffte: wenn das hohe Tribunal Europas zusammenträte, dann könnte vielleicht die Revolution auf beiden Halbinseln überwunden, aber auch Oesterreichs Eigenmacht gezügelt und in Neapel wie in Madrid unter der Aussicht der großen Mächte ein gemäßigtes Regiment begründet werden. Ganz hatte Alexander die liberalen Ideale früherer Jahre noch nicht überwunden; seine weiche Natur sträubte sich wider die Einsicht, daß der Radicalismus des Krieges, wenn es einmal zum Schlagen kam, über beide Halbinseln fast unvermeidlich eine harte Reaktion heraufführen mußte. Da die Hof- burg bei ihrer Weigerung verblieb, so griff der Czar endlich zu einem oft erprobten Mittel und beschwor seinen königlichen Freund in einem zärtlichen *7) Ministerialschreiben an Krusemark, 12., 19., 30. Aug., 9. Sept. 1820. **) Krusemark's Bericht, Wien 5. Aug. 1820.