160 III. 3. Troppau und Laibach. tage gesammelt, konnten ihm wahrlich nicht die Kraft des Entschlusses stählen. Welch ein widerwärtiges Bild politischer Thorheit war ihm dort entgegengetreten! Eine ganze Reihe verständiger Gesetze unter tollen Reden sammt und sonders verworfen; auf den Gallerien lärmende und drohende Studenten; dazu im Lande überall das unfaßbare und doch Jedermann fühlbare Treiben der nationalen Freimaurer, und in dem neuen natio- nalen Heere nur eine große Verschwörung. Unaushaltsam trieb das ver- blendete Volk einer neuen Revolution entgegen. Trotz alledem wollte Alexander die Hoffnung nicht aufgeben, daß die Freiheit unter den Fittichen des weißen Adlers eine Heimstätte finden werde. Er schloß den unfrucht- baren Reichstag mit einigen schmerzlichen, aber liebevollen Vorwürfen. „Ihr habt“, so rief er den Landboten zu, „das Gute für das Böse erhalten, Polen ist in die Reihe der Staaten wieder eingetreten. Ich werde bei meinen Absichten beharren. Fraget Euer Gewissen und Ihr werdet wissen, ob Ihr dem Lande alle die Dienste geleistet habt, die es von Eurer Weis- heit erwartet.“ Diese Thronrede verschickte er sodann an die Gesandt- schaften, nebst einem eigenhändigen Rundschreiben, worin er nochmals die constitutionellen Institutionen pries, welche der fast einstimmige Wunsch der Völker fordere. Immerhin ließen die widerwärtigen Vorgänge einen Stachel in der Seele des Czaren zurück. Obgleich Alexander dem Wiener Hofe noch keineswegs völlig traute, so empfing er doch den Gesandten Lebzeltern, der mit vertraulichen Aufträgen des Kaisers Franz nach Warschau kam, sehr herzlich und ließ durch Kapodistrias der Hofburg aussprechen, wie viel Segen er sich von der Eintracht der großen Mächte verspreche: „zweimal haben die Völker und die Fürsten den Bund der mächtigsten Monarchen gesegnet; sie werden es auch diesmal thun.“ Zugleich bat er die englische Regierung, mit vollem Vertrauen an der Reunion theilzunehmen. An eine Intervention in Spanien wagte er für jetzt nicht mehr zu denken; er sah ein, daß die Thätigkeit des Congresses sich zunächst auf Italien beschränken mußte. — So war die Lage am 20. Oktober, als die Vertreter der Mächte nach und nach in der stillen Hauptstadt des österreichischen Schlesiens eintrafen. Hier im abgelegenen Wiesenthale der Oppa konnte man ganz den Ge- schäften leben, hier war man sicher vor allen den Neugierigen und Bitt- stellern, die sich einst in Aachen an die Monarchen herangedrängt hatten. Mit dem Regenwetter des Herbstes stellte sich freilich auch die kleinstädtische Langeweile ein. Außer der Freundin Gentz's, der geistreichen Gräfin Urban ließ sich kaum jemals eine Dame in den Salons des trostlos 26. Sept. )Kapodistrias an Metternich, Warschau Stt-: 26. Sept. 8. Okt. an Fürst Lieven in London 1820.