Hardenberg in Laibach. 175 In den ersten Tagen des Januar trafen die Mitglieder des Con— gresses in Laibach wieder zusammen. Die liebliche Stadt mitten im Kranze der Krainischen Schneeberge, dicht am Eingangsthore des warmen Südens gelegen, bot zwar etwas mehr Genüsse als das langweilige Troppau; immerhin erschien auch dieser Aufenthalt den verwöhnten Groß- städtern als ein harter Frohndienst, und auch die politischen Sorgen, welche die letzten Tage in Troppau verdüstert hatten, schwanden nicht so bald. Denn mittlerweile, gerade als die Troppauer Versammlung aus- einander ging, war eine zweite noch schärfere Depesche Lord Castlereagh's an seinen Bruder (vom 16. Dee.) eingelaufen. Der Lord wies darin die Grundsätze des Troppauer Protocolls entschieden zurück; er erklärte sich „entsetzt bei dem bloßen Gedanken, der großen Allianz in einer förmlichen Urkunde den Anspruch auf die Ausübung einer so beispiellosen Gewalt zu übertragen", und verwahrte sich feierlich dawider, daß diese Grund- sätze „unter irgend welchen denkbaren Umständen“ jemals gegen England angewendet werden sollten. Am 19. Januar sendete er noch eine dritte Depesche an die Gesandtschaften bei den kleinen Höfen, welche die Troppauer Grundsätze als den Gesetzen Englands widersprechend nochmals verwarf; das Recht der Einmischung, so schloß sie, lasse sich nur von Fall zu Fall erweisen, für einen unmittelbar betheiligten Staat und auf Grund besonderer Umstände.) Währenddem erdröhnte das englische Parlament von Zornreden wider die große Allianz. Lord Grey und Lord Holland bewiesen, wie unversöhnlich ein Fürstenbund, der alle Staaten in ihrem inneren Leben meistern wolle, den altenglischen Ueberlieferungen insula- rischer Selbständigkeit gegenüberstehe; und unter dem Jubel der Whigs rief Mackintosh, nach der Troppauer Verabredung könne es dereinst noch dahin kommen, daß Kroaten und Kosaken als europäische Polizeiwache im Hyde-Park einzögen. Mancher der kleinen Höfe, die in der That guten Grund hatten für ihre Selbständigkeit zu zittern, mochte diese Reden mit stillem Behagen lesen; aber nur einer, der Stuttgarter, wagte der englischen Regierung zu danken, und auch er nur mit behutsamer Umschreibung. Er stellte sich an, als ob Castlereagh's Meinung mit den Absichten der Ostmächte selbst vollkommen übereinstimme; und nur unter dieser boshaften Voraus- setzung erklärte er sein freudiges Einverständniß. König Wilhelm, so erwiderte Wintzingerode dem englischen Gesandten, hält sich versichert, „daß die Befreier Europas nicht beabsichtigen konnten, den Völkern dieses Welt- theils, die sie vom Joche befreit, ein anderes ebenso erniedrigendes Joch aufzulegen. Nein, dies hat, nach der festen Ueberzeugung des Königs, nicht die Absicht der Troppauer Conferenzen sein können.“ Noch deutlicher äußerte sich der König persönlich in Gegenwart des preußischen Gesandten: *) Castlereagh an Stewart, 16. Dec. 1820; an die Gesandtschaften, 19. Jan. 1821.