224 III. 4. Der Ausgang des preußischen Verfassungskampfes. Mit diesem Bescheide kehrten die enttäuschten Gesandten heim, und die fünf Höfe erkannten bald, daß sie auf den so pomphaft angekündigten Plan einer kirchlichen Magna Charta vorläufig verzichten und sich wie Preußen mit der Vereinbarung einer Circumscriptionsbulle für ihre Bis— thümer begnügen mußten. Im März 1820 trat die Frankfurter Con— ferenz aufs Neue zusammen, um dreiviertel Jahr lang wegen der Einrich— tung der oberrheinischen Kirchenprovinz zu rathschlagen. Ueber die Grenzen der neuen Bisthümer bestand kein Streit; denn jeder der fünf Souve- räne war entschlossen, sich die Freude eines eigenen Landesbischofs zu gönnen, obwohl der Kurfürst von Hessen blos etwa hunderttausend katho- lische Unterthanen besaß und die katholische Bevölkerung von Darmstadt oder Nassau auch nur um die Hälfte stärker war. Aber welcher der fünf Landesbischöfe sollte die Würde des Metropolitans bekleiden? Der Papst wünschte lebhaft die Herstellung des Erzbisthums Mainz, das jahrhun- dertelang im Volksmunde das würdigste unter den rheinischen Hochstiftern geheißen hatte. Aber die historische Pietät, welche Preußen durch die Wieder- aufrichtung des Kölner erzbischöflichen Stuhles bewies, war der Bureau- kratie der Rheinbundstaaten völlig fremd. Da die Mainzer Diöcefe zu einem winzigen Darmstädter Landesbisthum zusammenschrumpfen sollte, so zeigte sich Württemberg nicht geneigt, seinen königlichen Landesbischof einem so bescheidenen großherzoglichen Metropolitan unterzuordnen. Auch Nassau widersprach lebhaft, und schließlich ließ der Großherzog von Hessen selbst, der sich anfangs eifrig für die Rangerhöhung seines Landesbischofs verwendet hatte, den Gedanken fallen. Unzweifelhaft regte sich am hessi- schen Hofe die Befürchtung, ein neuer Erzbischof von Mainz könne leicht in Versuchung gerathen, als Nachfolger der Reichskanzler in Germanien, der vornehmsten Fürsten des heiligen Reichs aufzutreten und also dem Ansehen des Landesherrn gefährlich werden. Der Zauber des ruhmreichen alten kurmainzischen Namens war in diesen Jahren noch sehr mächtig; vor Kurzem erst hatte der Großbherzog selber vergeblich versucht, sich bei den deutschen Großmächten den Titel eines Kurfürsten von Mainz zu erwirken.) Genug, der Plan ward aufgegeben, und da die anderen Souveräne der württembergischen Königskrone kein Vorrecht zugestehen wollten, so verfiel man schließlich auf das bequeme Auskunftsmittel der Kopfzahl und beschloß, das badische Landesbisthum als das volksreichste der Kirchen- provinz mit dem erzbischöflichen Titel zu schmücken. Die badischen Minister frohlockten, doch sofort erhob sich eine neue Schwierigkeit.““) In Constanz war Wessenberg erwählter Bisthumsverweser und verwaltete sein Amt seit Jahren, geschützt durch die Regierung, gegen den Willen des Papstes. *) Note des großh. hess. Gesandten Frh. v. Senden an Hardenberg, 27. Mai 1816. *“) Blittersdorff's Berichte, 25. Sept. 1820, 20., 30. Jan., 21. Nov. 1821.