Die letzte Verfassungs-Commission. 239 in Preußen doch nur eine Vertretung des eigentlichen Volkes, der Grund— besitzer beabsichtigte. Schönberg schrieb dagegen, mit deutlichem Hinweis auf Haller: „Alles in der Welt kann mißdeutet werden. Mögen die Philosophen über die Grundsätze, worauf Staaten basirt sein sollen, träu— men, erfinden und restauriren, Preußens König und sein erlauchtes Haus braucht von diesen Theorien sein Heil nicht zu erwarten. Dieses liegt fest begründet in der Treue, dem Gehorsam und der Liebe seiner Unter— thanen. Ich habe den Ausdruck nicht für bedenklich ansehen können. Der König und sein Volk ist ein schönes Wort, dessen Sinn in der Zeit der großen Ereignisse sich auf das Herrlichste bewährt hat. Eine ständische Repräsentation bleibt immer eine Repräsentation des Volks. Wäre dieses nicht der Fall, so würden alle Unterthanen, welche nicht so glücklich sind ein Grundbesitzthum zu haben, gewissermaßen außer dem Gesetz sein, welches man doch nicht annehmen kann.“ Voß aber erwiderte schroff: „S. Maj. haben seitdem irgend auf eine Weise nicht zu erkennen ge- geben, daß sie jene als Gesetzgeber gegebene Verordnung, in welcher ich ein Versprechen zu finden nicht vermag, sowie sie dasteht, ausgeführt wissen wollten; vielmehr möchte ich auf das Gegentheil schließen." Damit war ein unheilvolles Wort gesprochen, das bald zum Schlag- worte der reaktionären Partei wurde und nach einem Vierteljahrhundert sich schwer bestrafen sollte. Als absoluter Monarch war der König un- zweifelhaft berechtigt, die Verordnung vom 22. Mai durch eine neue Ver- ordnung förmlich aufzuheben; aber so lange er sich dazu nicht entschloß, blieb er an sein Versprechen gebunden. Und eine feierliche Zusage enthielt jene Verordnung allerdings; das zeigte der Wortlaut sowie die bestimmte Versicherung Hardenberg's, der die Verordnung selbst verfaßt und die Willensmeinung des Königs darüber eingeholt hatte. Welch eine Ver- wirrung aller Rechtsbegriffe mußte entstehen, wenn man jetzt begann diese klaren Thatsachen zu verdunkeln und die ungeheuerliche Behauptung auf- stellte, es stehe der Krone frei, die Verordnung vom 22. Mai nicht auf- zuheben und doch sie nicht zu befolgen! Aber sollte nicht mindestens die frühere Zusage wiederholt und den Provinzialständen das Wahlrecht für die künftigen Reichsstände nochmals feierlich versprochen werden? Vincke sprach eifrig dafür. Selbst Ancillon stimmte ihm hier bei, weil dadurch der allein wahre Grundsatz der ab- gestuften Wahlen im Voraus anerkannt und „der Glaube an die künftige Herstellung der allgemeinen Reichsstände belebt würde. Wir müssen nie vergessen,“ fuhr er fort, „daß die allgemeinen Stände von Sr. Maj. förmlich versprochen sind, daß auch die Besseren sie wünschen, daß wir gleich den Grundbau mit Beziehung auf sie aufführen müssen, und daß bei der großen Wirksamkeit, die wir den Provinzialständen einräumen, die allgemeinen um so nothwendiger mit der Zeit werden müssen, da sie allein ein gesetzmäßiges Ausgleichungsmittel der oft entgegengesetzten