268 III. 5. Die Großmächte und die Trias. Außer den Angelegenheiten Südeuropas dachten Metternich und Bernstorff auch die deutsche Bundespolitik auf dem Congresse zur Sprache zu bringen. Nicht als ob sie das Ausland geradeswegs zur Einmischung in die deutschen Dinge hätten auffordern wollen. Doch sie nahmen für die große Allianz ein Recht der Aufsicht über die Ruhe des ganzen Welt- theils in Anspruch, sie dachten bereits an die Errichtung einer europäischen Centralbehörde, welche alle Nachrichten über die demagogischen Umtriebe aus der weiten Welt zu sammeln hätte. Darum hielten sie sich ver- pflichtet, die strengeren Grundsätze, welche fortan am Bundestage gelten sollten, dem Congresse mitzutheilen; dahinter verbarg sich sogleich die Ab- sicht, den Czaren über die deutschen Verhältnisse aufzuklären, damit er seinen Schwager, den widerspänstigen König von Württemberg, der immer noch insgeheim auf Rußlands Hilfe hoffte, nachdrücklich an die Bundes- pflichten erinnere.) Auch dieser neue Anschlag wider die deutschen Landesverfassungen war wieder, wie einst der Karlsbader Staatsstreich, durch die Hilferufe der constitutionellen Höfe des Südens mit veranlaßt. In Baden hatte die versöhnliche Stimmung des Großherzogs nicht lange vorgehalten. Er befand sich allerdings in bedrängter Lage, da die Staatsdiener durch die neue Dienstpragmatik sehr unabhängig gestellt waren und die Wortführer der liberalen Opposition fast sämmtlich dem Beamtenthum angehörten. In seinem Unmuth hatte Berstett schon einmal seine Entlassung gefordert, weil er seinen eigenen Subalternen nichts mehr befehlen dürfe. Mittler- weile war auch der Landtag wieder zusammengetreten, und die Liberalen zeigten diesmal eine fröhliche Kampflust, welche manche Händel zwischen den beiden Kammern herbeiführte. Aergerliche Geldstreitigkeiten, bei denen eigentlich beide Theile Recht hatten, konnten in dem natürlichen Dasein dieser souveränen Kleinstaaten gar nicht ausbleiben. Die Kosten der diplomatischen Vertretung waren viel zu hoch für das kleine Land, und da der Landtag nicht wagen durfte die Einziehung einiger Gesandtschaften zu beantragen, so wurden die Gehalte der Gesandten hier, wie in den meisten anderen Mittelstaaten, lächerlich niedrig bemessen. Leben Sie als Junggesell, schrieb Berstett wüthend dem Bundesgesandten Blittersdorff, erzählen Sie's überall, wie man Sie darben läßt, damit ein Scandal entsteht und der Landtag endlich mehr bewilligen muß.““) So ärgerte sich der soldatische alte Großherzog schon seit Monaten im Stillen über seine getreuen Stände, und diesen Mißmuth des Fürsten benutzte jetzt der rast- lose Blittersdorff, der soeben noch von dem Bunde der Mindermächtigen *) Bernstorff, Uebersicht der bei dem gegenwärtigen Cabinetsvereine in Berathung zu ziehenden Gegenstände, Wien Sept. 1822; Berstett's Aufzeichnung: die Ueber- einkunft der Mächte in Wien über die Gegenstände des Congresses von Verona. *") Berstett's Abschiedsgesuch, 1. März 1822; Berstett an Blittersdorff, 6. Okt. 1821.