280 III. 5. Die Großmächte und die Trias. vertheidigte. Um die erschreckten Kleinfürsten zu beruhigen erließen die drei Ostmächte (11. Dec.) an die italienischen Höfe ein Rundschreiben, das ihnen noch einmal ein strenges Regiment anempfahl, aber auch feier— lich versicherte, die große Allianz beanspruche durchaus keine Oberhoheit über die Halbinsel.“*) Währenddem entschied sich auch das Schicksal Karl Albert's von Carignan. Der unglückliche Prinz hatte schon vor'm Jahre gleich nach dem Scheitern seiner unbesonnenen Schilderhebung dem preußischen Ge— sandten seine gute Gesinnung betheuert.““) König Karl Felix aber bewahrte seinen Groll und fragte bei den Großmächten an, ob sie eine Pragmatische Sanktion anerkennen wollten, welche den Rebellen von der Thronfolge ausschlösse. Statt Karl Albert's sollte sein Sohn Viktor Emanuel, der spätere König von Italien, der im März 1820, mitten in den stürmischen Tagen der piemontesischen Revolution, geboren war, zur Thronfolge berufen werden; so stand voraussichtlich eine lange Regentschaft bevor, und diese war dem Haupte der italienischen Reaktionspartei, dem Herzog von Modena zugedacht, der dann Zeit behielt das Königreich Sardinien auf österreichischen Fuß einzurichten. Die Mächte nahmen den Vorschlag in reifliche Erwägung. Bernstorff urtheilte sehr hart über diesen „von Geist und Charakter entblößten, unter schlechten Beispielen und Grundsätzen aufgewachsenen Prinzen“; indeß schien ihm eine so grobe Verletzung des legitimen Rechtes und der Vorschriften der Wiener Congreßakte denn doch bedenklich. Da auch Rußland und Frankreich lebhaft für den Bedrängten eintraten, so sprach sich Metternich ebenfalls versöhnlich aus“) und der häßliche Plan ward verworfen. Der Prinz säumte nicht seine Besserung zu beweisen. Er trat bald nachher in ein französisches Regiment und focht mit ihm gegen das Heer der spanischen Cortes — zum Entsetzen der liberalen Welt, die von Neuem über den Verräther Carignano schalt, und zum geheimen Aerger des Kaisers Franz, der nunmehr wußte, daß dieser ehrgeizige Neffe seine hoffenden Blicke auf Frankreich gerichtet hielt. Die italienischen Patrioten aber ließen sich's nicht ausreden, daß Oester- reich dem Thronerben Piemonts nach der Krone getrachtet habe; und was mußten sie gar empfinden, da Einiges ruchbar ward aus der Denkschrift, welche Herzog Franz von Modena den Ostmächten als Antwort auf ihr Rundschreiben sendete. Hier sprach sie roh und frech, die Tyrannei eines kleinen Wütherichs, der sein Volk als seinen natürlichen Feind betrachtete. Sechs Mittel vornehmlich empfahl er den italienischen Höfen „zur Bildung ruhiger Unterthanen“: Begünstigung der Priester, Wiedererhebung des Adels, Verstärkung der väterlichen Gewalt des Landesherrn, schärfere *) Declaration von Oesterreich, Preußen, Rußland an die italienischen Höfe 11. December 1822. *)) Truchseß's Bericht, Turin 2. April 1821. **“) Metternich, Denkschrift über den Prinzen von Carignan, 25. Okt. 1822.