Wangenheim gegen die Mainzer Commission. 299 Erhebliches entdeckt habe: es werde hohe Zeit die erschreckten Gemüther endlich zu beruhigen, auch besitze jeder Bundesstaat genügende Mittel um die demagogischen Umtriebe selber zu bestrafen. Daß Württemberg selber einst der Einsetzung der Commission zugestimmt hatte, wurde freilich wohlweislich verschwiegen. Und seltsam, diese kecke Kriegserklärung gegen die Karlsbader Politik fand die Mehrheit im Bundestage. Acht Stimmen des Engeren Rathes, lauter Kleinstaaten von Baden abwärts, schlossen sich dem württembergischen Antrage an; die beiden Großmächte und die drei größten Königreiche wurden von den Kleinen überstimmt. Mehrere der kleinen Souveräne handelten allerdings lediglich aus gekränktem Selbst— gefühl, und dem geizigen Kurfürsten von Hessen war an der Mainzer Commission nur das Eine anstößig, daß sie Geld kostete; auch mögen einige Gesandte der Mehrheit, fortgerissen durch Wangenheim's Bered— samkeit, auf eigene Faust gehandelt haben. Blittersdorff vollends schloß sich nur darum an, weil die Mainzer dem reaktionären Feuereifer des Karlsruher Hofes noch nicht thatkräftig genug erschienen.“) Gleichviel, es blieb doch aller Ehren werth, es war die beste That dieser so seltsam gemischten Opposition, daß sie das arge Nest der politischen Verdächtigung und Verfolgung auszunehmen versuchte. Graf Buol, der mit dem Präsidenten der Untersuchungscommission geheimen Briefwechsel unterhielt, war um so peinlicher überrascht, da sogar zwei in Mainz vertretene Höfe, Baden und Darmstadt, mit der Mehr— heit gestimmt hatten. Um Schlimmeres zu verhüten gab er den Mainzer Getreuen einen Wink, und am 30. Mai lag endlich der verlangte Rechen— schaftsbericht nebst zweiunddreißig Beilagen, Alles wohl versiegelt, auf dem Tische der Bundesversammlung. In einem Begleitschreiben erklärte die Mainzer Commission, über die noch schwebenden Untersuchungen ent— halte sie sich jeder Mittheilung, weil sie eine vorzeitige Veröffentlichung befürchte — ein boshafter Hieb auf Wangenheim, der schon mehrmals unvorsichtig aus der Schule geplaudert hatte. Der Württemberger und seine Genossen hofften nunmehr endlich das lichtscheue Treiben genau kennen zu lernen, aber die österreichische Gemüthlichkeit wußte sich zu helfen. Buol schlug vor, die versiegelten Papiere zunächst einem Aus- schusse zu überweisen, der aus den sieben bereits in Mainz vertretenen Staaten gebildet werden sollte. So geschah es, und Wangenheim nebst seinen Freunden erfuhr von den Mainzer Vorgängen nichts weiter als was der Ausschuß der sieben Eingeweihten dem Bundestage mitzutheilen für gut fand. An die Auflösung der unheimlichen Behörde war vollends noch gar nicht zu denken; denn ihr Rechenschaftsbericht reichte nur bis zum Jahre 1821; Jahre vergingen bis die Ergänzungen einliefen, und so blieb den Mainzer Demagogenverfolgern noch eine lange Frist fröhlichen Wirkens gesichert. — *) Berstett an Marschall, 26. Juli 1822.