Zollkrieg mit Frankreich. 307 dagegen die Staaten ihre selbständige Zollverwaltung, so hatte Württem— berg nur zwei Grenzmeilen am Bodensee zu überwachen, und die ganze Herrlichkeit der königlichen Mauthverwaltung brach zusammen. Die Verhandlung über jene Streitfragen ward bald gereizt und ge— hässig. Nebenius sprach in seinen Berichten mit sehr ungerechter Bitter— keit über die Gegner, die doch vielfach wohlbegründeten Einspruch erhoben. Zudem vertrat noch jeder Staat seine eigenthümlichen Wünsche. Reuß und Weimar wollten das Geleitsgeld für ihre imaginären Harnischreiter nicht ohne Entschädigung aufgeben. Der Kurfürst von Hessen weigerte sich, seine Transitzölle dem Vereine zu überlassen, forderte zum mindesten ein Präcipuum für den starken Consum französischer Weine, worauf man mit der kecken Lüge antwortete, im Oberlande werde davon mehr getrunken als in Kurhessen. Baden wollte nicht beitreten, wenn nicht sogleich ein Handelsvertrag mit der Schweiz geschlossen würde. Derweil also die Meinungen ziellos durch einander wogten, hofften mehrere der Cabinette, einmal selbst der bairische Hof, auf Preußens Zutritt! Wiederholt besprach man in Darmstadt die Aufnahme der preußischen Rheinlande; dem kreißenden Berge dieses Sonderbundes zu Lieb' sollte Preußen die schwer erkämpfte handelspolitische Einheit seines Gebiets wieder zerreißen! Es war derselbe unverbesserliche Dynastendünkel, der die Staaten der ober- rheinischen Kirchenprovinz verführt hatte, Preußen zur nachträglichen An- nahme ihres Concordat-Entwurfs aufzufordern. Nachdem man sechs Monate lang auf die bairischen Instruktionen gewartet, erklärte endlich (Juli 1821) der bairische Bevollmächtigte, sein Hof verlange, daß das bestehende bairische Zollgesetz dem Vereine zur Grundlage diene. So begann der trostlose Streit von Neuem. Darauf, nach anderthalb Jahren, bot sich eine Gelegenheit, die Lebenskraft des Vereines zu erproben. Frankreich erließ am 23. April 1822 ein neues Douanengesetz, das die Interessen der oberrheinischen Staaten offenbar feind- selig verletzte, die wichtigsten Gegenstände der Einfuhr aus Süddeutsch- land, Schlachtvieh und Wolle mit unerschwinglichen Zöllen belegte. Der Schlag traf fast alle süddeutschen Lande gleichmäßig; sollte nicht mindestens gegen diesen Angriff gemeinsame Abwehr möglich sein? Man verhandelte und verhandelte. Baden verbot (17. Mai) die Weineinfuhr auf seiner Westgrenze; Württemberg schloß sich diesen Retorsionen an; mit Baiern war keine Verständigung zu erzielen. In seiner Noth wendete sich Berstett an Metternich, bat die Hofburg um ihre guten Dienste in den Tuilerien. Nach fast zwei Monaten (12. August) erwiderte der Oesterreicher: „es ist kaum zu erwähnen nöthig, wie sehr bereit wir sind“, den deutschen Bundes- staaten jede Gefälligkeit zu erweisen; aber das französische Gesetz ist das Ergebniß der nationalen Meinung und eines „national= konomischen Systems, das faktisch das Lieblingssystem unserer Zeit geworden ist"“. Das war die Hilfe, welche Deutschlands Volkswirthschaft von Oesterreich zu 20 7