Kollmanner's Bericht. 311 die dilettirenden Pläneschmiede der Triaspolitik selber nicht zu sagen. Mit vernichtendem Hohne fiel Gentz sofort über das wunderliche Machwerk her und schilderte in einer Denkschrift, welche Metternich an alle österreichischen Gesandtschaften versenden ließ, das hinterhaltige Treiben des Stutt— garter Hofes so dentlich, daß Jedermann die einzelnen Personen mit Händen greifen konnte: unmöglich, so schrieb er, sei dieser Bericht im Kopfe eines einzelnen Schriftstellers entstanden, vielmehr habe hier offenbar ein unbescheidener Vertrauter die unreifen Anschläge einer Partei ausge— plaudert, welche mit Hilfe „eines rastlosen abenteuerlichen Rathgebers“ (Wangenheim) den Deutschen Bund, „den Mittelpunkt des Lebens und der Kraft des europäischen Bundes“ zerstören und einem gewissen Fürsten die Rolle „des deutschen Bonaparte“ auferlegen wolle. Den deutschen Bonaparte aber überfiel alsbald die Angst, und er ließ, um seine Un- schuld darzuthun, die Gentzische Denkschrift in der Stuttgarter Hofzeitung abdrucken. — Also hatte sich der Stuttgarter Hof mit Preußen und Oesterreich völlig überworfen. Vergeblich stellte Wintzingerode seinem Könige vor, wie zwecklos dieser kleine Krieg gegen die Uebermacht sei: ohne das Wohl- wollen der großen Mächte könne ein Staat wie Württemberg doch nicht bestehen, darum müsse man sich mindestens von Lindner's literarischen Umtrieben entschieden lossagen. König Wilhelm erwiderte stolz: „Mein Charakter und die Verhältnisse meines Landes erlauben mir nicht den chien couchant zu spielen. Ich habe ihn nicht gegen Napoleon in einer weit gefährlicheren Zeit gespielt und will nicht jetzt, wo ich einen begrün- deten Ruf habe, damit anfangen einem Menschen gegenüber, den ich so gründlich verachte wie Metternich. Stark durch mein Gewissen, durch die Liebe meiner Unterthanen, durch die öffentliche Achtung Deutschlands er- warte ich festen Fußes die geschlossenen Reihen des Machiavellismus des schwachen Metternich. Dies mein letztes Wort.“ Immer wieder hatte der vorsichtige Minister über den herausfordernden Trotz seines königlichen Herrn zu seufzen, der sich's nicht nehmen ließ die großen Höfe durch kleine Bosheiten zu ärgern und sogar „den württembergischen Riego“, Oberst Bangold, einen der Urheber der demagogischen Ulmer Offiziersadresse, zu seinem Flügeladjutanten ernannte.') Immer wieder brachte ihn der Ueber- muth des burschikosen Bundesgesandten in Verlegenheit. Als Wangen- heim in dem elenden Köthen'schen Streite gar zu gröblich gegen Preußen geeifert hatte, ließ Wintzingerode durch den Gesandten in Berlin heilig betheuern, daß sein Hof, frei von Hintergedanken, lediglich die ehrliche Entwicklung des Bundessystems erstrebe )Rühster's Bericht, 10. April 1821. **) Wintzingerode, Weisung an den Gesandten Gf. Wintzingerode d. Ae. in Berlin, 3. Jan. 1822.