318 III. 5. Die Großmächte und die Trias. sein zu sragen, ob, bei der offenbaren Unmöglichkeit einer Ansgleichung, die Schriftsteller oder die Regierungen das Feld ränmen sollen“.“) Auch diese Kraftleistung der Hofburg befriedigte den preußischen Staatsmann nicht. Er mißbilligte „die polemische Richtung, die leidenschaftliche Farbe“ der Denkschrift, und zuletzt beschloß die Conferenz nur, daß der Preß— Ausschuß des Bundestags der lebendig todte, wie Gentz ihn nannte — wieder in Thätigkeit treten solle, um zunächst an einigen Stuttgarter Blättern eine heilsam abschreckende Bestrafung vorzunehmen) Dagegen war Bernstorff mit der vorgeschlagenen Säuberung des Bundestags ganz einverstanden. Der Frankfurter Gesandtencongreß hatte sich in der That seinem bescheidenen Berufe ganz entfremdet; die zänkische Opposition, welche dort auf eigene Faust ihr unfruchtbares Spiel trieb, verwirrte nur die öffentliche Meinung, und nicht ohne Grund sagte Gentz in seiner Denkschrift: „Gesuchte und kunstreiche Darstellungen individueller Ansichten, Debatten wobei nur Eigenliebe und Persönlichkeit ihre Befriedi- gung finden, Abschweifungen in abstrakte Theorien, populäre Vorträge, Tribünenberedsamkeit — das Alles muß aus der Bundesversammlung verbannt sein.“ Zur Vernichtung der Frankfurter Gegner und ihres red- seligen Führers bot nun der König von Württemberg selber dem Wiener Hofe durch jene unbedachte Circulardepesche eine so bequeme Handhabe, daß Hatzfeldt jubelte, dieser gekrönte Revolutionär habe den Gutgesinnten einen sehr großen Dienst erwiesen.*), Die Stuttgarter Staatsmänner ließen sich's freilich gar nicht träumen, wie schwer sie die Ost-Mächte beleidigt hatten, denn in einem machtlosen Cabinet verflüchtigt sich das Bewußtsein der Verantwortlichkeit ebenso leicht wie in einem vielköpfigen Parlamente. So viele Jahre hindurch hatte man die großen Höfe halb im Ernst, halb im frivolen Spiel durch kleine Gehässigkeiten straflos gereizt; man wußte kaum noch, daß starke Worte einen Sinn und eine Folge haben können. Wangenheim zeigte das verhängnißvolle Rundschreiben seinen Frankfurter Genossen triumphirend vor und mußte von dem bairischen Bundesgesandten die scharfe Antwort hören: am Umsturz des bestehenden Bundessystems werde der Münchener Hof sich nie betheiligen. ) Bald darauf erschien die Depesche in französischen Zeitungen, und weithin durch die liberale Welt erklang das Lob des Schwabenkönigs, des Vorkämpfers der europäischen Freiheit. Mittlerweile hatte der König auf Andringen der Großmächte sein Preßgesetz verschärft. Doch auch diese Gelegenheit benutzte er um das Licht seines Liberalismus leuchten zu lassen. In einer neuen Circulardepesche mußte Wintzingerode den Gesandtschaften mittheilen, *) Gentz, Entwurf eines Präsidialvortrags über die Aufrechterhaltung der Preß- gesetze. **) Bernstorff's Bericht an den König, 10. Febr. 1823. ***) Hatzfeldt's Berichte, 27. Jan., 24. Febr. 1823. #) Bericht des bairischen Bundesgesandten v. Pfeffel, 15. Jan. 1823.