Berathung auf dem Johannisberge. 337 Landständen fertig werde; mehr als in Tegernsee erlangt sei, lasse sich für jetzt nicht erreichen; Preußen und Baiern wollten nicht weiter gehen. Immerhin durfte er sich seiner Erfolge freuen. Vor Kurzem noch hatte er den Freunden geklagt: „Rechberg ist nicht Baiern“;*) jetzt ward ihm der Triumph, daß der alte Widersacher der Karlsbader Beschlüsse selber ihre Erneuerung beantragte. Mehrere Wochen lang verweilte Metternich nunmehr auf seinem rheinischen Schlosse. Münch, Nagler, Hatzfeldt, Marschall, Berstett, Münster, du Thil, fast alle leitenden Staatsmänner des Bundes machten ihm ihre Aufwartung, der Herzog von Oldenburg erschien persönlich. Alle sprachen sich für Zentner's Vorschläge aus. Am eifrigsten Berstett. Der hatte schon einen Plan fertig für eine gemeinsame Geschäftsordnung der süddeutschen Volkskammern, welche die bestehenden Verfassungen nicht im mindesten beeinträchtigen sollte: man brauchte nur einfach „die Ausnahme zur Regel und die Regel zur Ausnahme zu machen“, so daß die Kammern künftighin nur in besonderen Fällen, mit Genehmigung der Regierung, eine öffentliche Sitzung beschließen durften! Auch der Dresdener Hof erklärte sein Einverständniß, die kleinen Cabinette wurden durch ein Rundschreiben Metternich's aufgeklärt, und zum allgemeinen Erstaunen erschien sogar der württembergische Minister Maucler auf dem Johannisberge um seinen Frieden mit den Großmächten zu schließen."") Ganz zuletzt verbrachte noch Großherzog Karl August von Weimar einige Stunden auf dem Schlosse, sehr wenig erbaut von dem diplomatischen Geflüster; aber wie durfte er widersprechen, da er die Mächtigen einig sah? Seinen Heimweg nahm Metternich über das Wrede'sche Schloß Ellingen, um dort noch einmal mit den bairischen Staatsmännern zusammen- zutreffen und die neue Freundschaft zu befestigen. In seinem gewohnten großsprecherischen Tone verkündigte er alsdann (29. Juli) dem Kaiser Franz, der große Schlag am Bundestage sei genugsam gesichert. Unglaublich, welche selbstgefällige Lügen er seinem Monarchen, der allerdings vom deutschen Bundesrechte kindliche Vorstellungen hegte, ins Gesicht zu sagen wagte. Er erzählte ihm, durch die Ministerconferenzen von 1820 hätte der Bund „einige siebzig neue organische Gesetze“ erhalten — was nur dann zur Noth zutraf, wenn man jeden einzelnen der 65 Paragraphen der Schlußakte als ein besonderes organisches Gesetz zählte. Durch diese fabelhafte legislatorische Furchtbarkeit war die organische Gesetzgebung des Bundes nunmehr natürlich abgeschlossen, und es fehlte nur noch die Er- neuerung der Ausnahmegesetze. Bereitwillig ertheilte Kaiser Franz seine Genehmigung: „An Ihren Bemühungen, Ruhe und Ordnung in der Welt zu erhalten, hat es wahrlich nicht gefehlt. Gott kröne sie mit Erfolg!" Am 12. August wurde der Bundestag in vertraulicher Sitzung über *) Metternich an Berstett, 18. März, 8. Mai 1824. *“) Berichte von Jordan, Dresden 12. Juli; von Lusi, Stuttgart 16. Juni 1824. v. Treitschke, Deutsche Geschichte. III. 22