354 III. 5. Die Großmächte und die Trias. still, daß man ihn im Volke kaum bemerkte. Ein Glück nur, daß der Staatshaushalt durch den trefflichen Finanzminister Böckh, den Bruder des Philologen, endlich in gute Ordnung kam. Als Varnhagen um diese Zeit wieder in Baden austauchte und, zur großen Entrüstung des greisen Fürsten, dem Großherzog seine Aufwartung machte, da erschien er der stillen Residenz wie eine Gestalt aus einer versunkenen Welt.) Metternich säumte nicht dem Karlsruher Hofe das Wohlgefallen des Kaisers Franz auszusprechen, der „in Folge seines wahrhaft weltbürger- lichen Sinnes“ an diesen Dingen lebhaft theilnehme: „In Zeiten, welche eine ganz eigenthümliche Solidarität der Schlechten und des durch sie erzeugten Bösen darbieten, ist das gute Beispiel ebenfalls stets fruchtbar. Dem Herrn Großherzog war es vorbehalten, mit selbem in Deutschland vorzugehen, und er wird demnach der erste Regent sein, welcher die Früchte einer guten Aussaat einernten wird.“““") Schärfer als sein mächtiger Vetter sah Wessenberg in die Zukunft. Er sagte dem Hofe voraus, auf diesem Wege werde man nicht weit kommen; er wußte, daß die unverzagten Führer des badischen Liberalismus ihre geschlagenen Truppen in der Stille zu neuen Kämpfen sammelten. — Wie die Interessen Oesterreichs und Preußens in der Bundespolitik immer wieder gegen einander stießen, so wurde das Verhältniß der beiden befreundeten Höfe auch in den europäischen Händeln durch mannigfache Meinungsverschiedenheiten getrübt. Als das französische Heer im April 1823 die spanische Grenze überschritten hatte, trat Metternich mit dem Vorschlage auf, die Regentschaft in Spanien bis zur Befreiung des Königs seinem Oheim Ferdinand von Neapel zu übertragen; er wollte dadurch ver- hindern, daß der französische Oberbefehlshaber, der Herzog von Angouleme, seine Siege einseitig zu Frankreichs Vortheil ausbeutete oder vielleicht gar die französische Charte in Spanien ausriefe. Bernstorff aber wider- sprach auf das Nachdrücklichste: unmöglich könne man diesen wesentlich französischen Krieg benutzen, um in Spanien ein Regiment zu begründen, das den Interessen Frankreichs geradewegs zuwiderliefe. Mit Bitterkeit schilderte er die entsetzlichen Zustände in Neapel und fragte, ob man einem solchen Fürsten auch noch die Verwaltung eines anderen Landes anvertrauen dürfe. „Wenn es die Pflicht der Souveräne ist, die Lehren und die Thaten der Empörung niederzuschmettern, so ist nicht minder ihre Pflicht, denselben zuvorzukommen und sie unmöglich oder unentschuldbar zu machen, indem man die Völker vor dem Despotismus wie vor der Anarchie bewahrt und ihnen die ersten Güter der Gesellschaft sichert." König Friedrich Wilhelm erwiderte dem neapolitanischen Bourbonen, der ihn um seine Unterstützung bat, kühl ablehnend, er werde der Sache „die *) Küster's Berichte, 18., 24. Juli 1825. **) Metternich an Hruby, Mailand 21. Mai 1825.