Erzbischof Graf Spiegel. 407 die erzbischöfliche Küche war immer dankbar, wenn ihr Stein aus dem Cappenberger Wildgarten Fasanen oder Rothwild sendete. Zu den Staatsbehörden trat er sogleich auf guten Fuß; seine im schwerfälligen altmünsterschen Curialstile gehaltenen Amtsschreiben lauteten immer ganz unzweideutig, und bis auf einige Aufwallungen jener reiz— baren Standesempfindlichkeit, welche der katholische Clerus mit dem Offi— ziersstande theilt, kam niemals ein unfriedlicher Auftritt vor. Von freien Stücken verständigte er sich mit dem Minister über die Zahl der anzu— erkennenden katholischen Festtage und befahl seinem Clerus die Feier des allgemeinen Buß- und Bettags, der als eine Stiftung protestantischer Fürsten bei den clericalen Eiferern in üblem Geruche stand. Graf Spiegel war mit den Jahren kirchlicher geworden und nahm die Pflichten seines Amtes sehr ernst; seine wärmste Fürsorge aber galt der Erziehung der jungen Priester. Die „Sinnesdumpfheit“ mancher seiner älteren Cleriker erregte sein Mitleid, und noch bevor er seine Stellung antrat, erlangte er von Altenstein die Zusage, daß an der rheinischen Universität ein theo— logisches Convikt errichtet werden sollte, denn unmöglich könne man die wissenschaftliche Ausbildung des theologischen Nachwuchses „dem Unwesen und dem Schlendrian“ des Kölner Priesterseminars allein überlassen. Der schleppende Geschäftsgang in Altenstein's Ministerium brachte den Eifrigen oft zur Verzweiflung; zuweilen argwöhnte er sogar, daß Geh. Rath Schmedding, der sich mehr und mehr der clericalen Richtung zuwendete, ihm insgeheim entgegenarbeite. Nach zweijährigem Drängen und Mahnen sah er endlich seinen Lieblingswunsch erfüllt, und das neue Convikt wirkte in diesen ersten Jahren durchaus wohlthätig, da seine Zöglinge sich zwar einer strengen Hausordnung fügen mußten, aber mit den weltlichen Commilitonen frei verkehren und ihre philosophischen Col— legien nach eigenem Ermessen auswählen durften. Eine klösterliche Lebens— weise wollte der Erzbischof grundsätzlich vermieden sehen, weil sie den Ge— wohnheiten des heutigen Lebens widerspreche; selbst gegen die Anstellung evangelischer Conviktsdiener hatte er nichts einzuwenden, falls sich keine geeigneten Katholiken fänden.“) Leider übte er das Recht des Einspruchs, das ihm bei der Anstellung thcologischer Lehrer zustand, nicht unparteiisch. Sollte die paritätische Hoch- schule das Mißtrauen der alten Krummstabslande überwinden, so mußten alle Richtungen der theologischen Wissenschaft in ihrer katholischen Facultät eine Vertretung finden; darum wünschte Altenstein den besten Kopf der jungen Tübinger Schule, Möhler, nach Bonn zu berufen. Der Erz- bischof aber widersprach entschieden"*); er war noch von seinen münster- *) Spiegel an Rehfues, 5. Febr., 21. März; an A. W. v. Schlegel, 13. Juli 1825; an Professor Hüllmann, 4., 13. Dec. 1826, 26. Sept. 1827; an Bunsen, 12. Dec. 1826, 6. Juli 1829. **) Dieser Thatsache gedenkt Rehfues in einem Berichte an Altenstein v. 20. März 1837.