Untersuchungen gegen Jahn und Welcker. 437 zum Jahre 1825 aushalten, da ward er endlich gerichtlich freigesprochen und erhielt vom Könige ein Gnadengehalt, aber auch den Befehl, seinen Wohnort nicht am Sitze einer Universität oder eines Gymnasiums zu wählen. Ein verschollener Mann lebte er fortan in seinem Weinbergs- häuschen zu Freiburg an der Unstrut still dahin. Wenn zuweilen noch die Burschen von den sächsischen Universitäten auf ihren Ferienreisen bei ihm einkehrten, so bemerkten sie mit Befremden, daß der Alte im Bart dem Tentonenthum seiner glücklichen Jahre unwandelbar treu geblieben war und von dem Wälschheitsteufel des neuen Radicalismus nichts hören wollte. Nach Bonn wurde als Untersuchungscommissär ein ebenso unwissender als kleinlicher Richter, des Namens Pape gesendet und zu seiner Unter- stützung der Referendar Dambach, ein herzloser Aktenmensch, der nachher die Leitung der Berliner Hausvogtei erhielt und neben Tzschoppe jahrelang Kamptz's gefügigstes Werkzeug blieb. Was wußten diese beiden Leute aus den Heften und Notizen C. Th. Welcker's nicht Alles herauszulesen! Trotz der unvorsichtigen Heftigkeit des Angeklagten war ihm schließlich gar nichts nachzuweisen; das als Criminaluntersuchung begonnene Verfahren wurde als polizeiliche Untersuchung in der Stille eingestellt. Welcker erhielt, als er einem Rufe nach Freiburg folgte, seine Entlassung aus dem königlichen Dienst in schmeichelhaften Worten, doch da ihm gerichtliche Freisprechung versagt blieb, so überschüttete er durch eine fast dreißig Bogen lange „Oeffentliche aktenmäßige Widerlegung“ die preußische Willkür mit einem Sturzbade sittlicher Entrüstung. Ganz anders wußte Arndt die Herzen der Leser zu erschüttern durch die schlichte treuherzige Sprache seiner kurzen Vertheidigungsschrift: „Ein abgenöthigtes Wort aus seiner Sache.“ Wohin war es doch mit der preußischen Gerechtigkeit gekommen, wenn dieser Treueste der Treuen sich jetzt genöthigt sah, seine Briefschaften im Keller und unter den Dielen seiner Zimmer zu vergraben! Schon bevor die Demagogenverfolgung be- gann, hatte er mit dem unbegreiflichen Mißtrauen der Behörden zu kämpfen gehabt und dem Curatorium auseinandersetzen müssen, der Titel seiner öffentlichen Vorlesung „über Leben und Studium“ sei wirklich ganz harm- los gemeint.) Und dann die aberwitzigen Verhöre vor Pape und Dam- bach! Alle die wunderlichen Wortbildungen und Wortverschränkungen, mit denen Arndt sorglos zu spielen liebte, wurden ihm jetzt als verdächtig vor- gehalten. Was bedeuteten die „papierlichen Künste und Pläne“, die er nach einem seiner Briefe noch vorhatte? Was besagte der räthselhafte Satz: „Das liegt über meiner Sphäre —"2 War das Lied „O Durch- brecher aller Bande“ ein demagogisches Gedicht oder stand es wirklich im alten Berliner Gesangbuch? Mit besonderem Argwohn ward ein Blatt durchspürt, das neben anderen abgerissenen Sätzen auch die Worte enthielt: *) Arndt, Eingabe an das Curatorium in Bonn, 22. März 1819.