Männerbund und Jünglingsbund. 443 Gehorsams empörte. Selbst Ruge, der lauteste und unermüdlichste unter den Freiwerbern des Bundes, war zum Verschwörer verdorben. Kindische Märchen wurden in Umlauf gesetzt, um den Muth der Verschworenen zu stacheln: Gneisenau sollte bereit sein, die Rolle des deutschen Riego zu spielen, auch auf den Fürsten von Wied, auf die Generale Thielmann und Jagow könne man sich verlassen. Mit den Jenenser Bundesbrüdern unterhielten durch die Vermittelung Robert Wesselhöfft's zwei ältere Männer geheimen Verkehr: der Oelmüller Salomon in Erfurt, ein religiöser Schwärmer, vormals Turnlehrer, weitberühmt durch die Athletenkraft seines schönen Körpers, und Hauptmann Fehrentheil, der einzige namhafte preußische Offizier, der sich in die demagogischen Umtriebe dieser Jahre verstricken ließ. Fehrentheil hatte einst dem Hauptquartier des schlesischen Heeres angehört — ein willkommener Vorwand für Gneisenau's geheime Feinde —, indeß war er den alten Kameraden längst fremd geworden und in den Träumereien eines wüsten politischen Ehrgeizes verwildert; er plante im Ernst, mit Hilfe der Landwehr die Festung Erfurt durch einen Handstreich zu überrumpeln. Die ersten Urheber des Unfugs aber ließen bald nichts mehr von sich hören. Karl Follen mochte einsehen, daß nach der Niederlage der Revolutionen des Südens ein Aufstand in Deutsch- land unmöglich war; er zog seinen Kopf aus der Schlinge und überließ den Jünglingsbund seinem Schicksale. Die unglücklichen verführten jungen Leute erwogen nunmehr in tragikomischen Berathungen: ob der geplante Männerbund wirklich ins Leben getreten sei? — was sich bis zum heutigen Tage noch nicht mit Sicherheit beantworten läßt — ob er noch fortbesteher ob man ohne ihn vorgehen solle? Da erhielt die Mainzer Commission Kunde von den Anschlägen (1823), und nun erfuhr dies zersplitterte Volk zum ersten male, was praktische deutsche Einheit sei. Kamptz in Berlin und die schwarze Commission in Mainz leiteten gemeinsam die Verfolgung; auf ihre Weisung erfolgten in allen größeren Bundesstaaten zahlreiche Verhaftungen. Die kleinen Höfe vergaßen in ihrer Angst sogar ihre heiligste Empfindung, den Souveränitäts- dünkel und trugen kein Bedenken, ihre angestammten Demagogen auf einige Zeit nach Köpenick auszuleihen, damit Kamptz die Untersuchung wirksamer führen könne. Der aber benutzte die gute Gelegenheit, um auch einige ältere Burschenschafter, die schon vor Jahren in Untersuchung gewesen, aufs neue einsperren zu lassen. Diesem Schicksal verfiel Franz Lieber, der mittlerweile durch eine grausame Lebensschule gegangen war. Er hatte als Jahn's Schüler lange in Haft gesessen, dann, noch immer unbelehrt, bei der Stiftung des Jünglingsbundes mitgeholfen und schließ- lich Deutschland verlassen, um für das freie Griechenland zu streiten. Wie ward ihm aber, als er die fürchterliche Verwilderung dieser Freiheits- kämpfer kennen lernte. Gebrochen in allen seinen Lebenshoffnungen, ab- gerissen und ausgeplündert wollte er über Italien heimkehren; da nahm