Motz. 455 verhüten; „er kann nicht darauf beschränkt bleiben, durch Etats und Verwaltungsnormen nur die Zukunft nach seinen Ansichten zu regeln; auch kann es ihm nicht helfen, die Vergangenheit nach todten Zahlen zu meistern.“) — Nach diesen Erwiderungen konnte die Entscheidung nicht zweifelhaft sein. Schön's Ernennung wurde vom Kronprinzen und von Witzleben warm empfohlen; doch hatte er sich selbst unmöglich gemacht, indem er die Grundlagen der neuen Verwaltungsordnung wieder in Frage zu stellen unternahm, und es bedurfte kaum noch der geheimen Warnungen Wittgen- stein's um den Ostpreußen zu beseitigen. Der König entschied sich für Motz. Er ahnte in jenem Augenblicke selber nicht, wie segensreich dieser Entschluß auf den Gang der deutschen Geschichte einwirken sollte: Schön hätte Deutschlands Handelseinheit nimmermehr begründet, seine preußische Selbstgenügsamkeit fand für Motz's Zollvereinspläne nur Worte schnöden Tadels. Motz stand in seinem fünfzigsten Jahre, als er am 1. Juli 1825 sein Amt übernahm, der einzige Staatsmann in einem Cabinet von Geschäfts- männern. Auch dieser Kurhesse war einst, wie Eichhorn, durch den Glanz der fridericianischen Zeiten aus seiner kleinstaatlichen Heimath in den preußischen Staatsdienst hinübergeführt worden. Eine ungleich glänzendere und doch nicht minder gediegene Natur als der stille gelehrte Maassen, thatkräftig, wagelustig, voll kecken Selbstvertrauens, das sich oft in beißen- den Sarkasmen äußerte, hatte der rüstige Naturalist in einer wechsel- reichen praktischen Laufbahn alle Bücherweisheit verachten gelernt und doch verstanden die lebendigen Ideen der Zeit sich anzueignen. Noch als Minister konnte er jüngere Freunde um ihre „gebräunte Landrathsfarbe“ beneiden. Das waren seine frohesten Tage gewesen, da er als junger Landrath auf dem Eichsfelde bald zu Pferd bald mit der Jagdflinte auf der Schulter seinen Kreis durchstreiste und die Bauern auf ihren Höfen besuchte, selten mit Befehlen eingreifend, immer bereit dem geringen Manne zu zeigen, wie man sich selber helfen könne, denn „Selbstthätigkeit entspricht dem energischen Charakter des preußischen Volks“. Dort gewöhnte er sich den Bauernstand als den Kern der Nation zu schätzen: „lieber die drückendsten Luxusauflagen, lieber wie Pitt alle Elemente besteuern, als den Schweiß des Landmanns belasten.“ Der Friede von Tilsit zwang ihn in die Dienste des verhaßten Königreichs Westphalen zu treten; er leitete das Steuerwesen im Harzdepartement, erschien zweimal als Deputirter bei dem Gaukelspiele des Casseler Landtags und beobachtete voll froher *) Denkschriften über die Finanzverwaltung: von Schönberg 16. Dec.; Motz 17. Dec.; Vincke 18. Dec.; Schön 22. Dec.; Motz an Lottum über den Etat, 21. Decr. 1824; Motz, Denkschrift über die Provinzialminister (ohne Datum, offenbar aus derselben Zeit); Witzleben's Tagebuch, 3., 31. Dec. 1824, 10. Jan. 1825; Vgl. Beilage 13.