456 III. 6. Preußische Zustände nach Hardenberg's Tod. Ahnungen, wie unterdessen der preußische Staat die Gedanken echter deutscher Freiheit in sich aufnahm. Kaum kam die Kunde von der Leipziger Schlacht, so rief er seine Eichsfelder wieder unter die alten Fahnen und war sodann in Halle und Fulda bei der Organisation der wiedereroberten Provinzen thätig. Als Präsident in Erfurt half er nachher jenen Zollvertrag mit Sonders- hausen abschließen, der so vielen anderen zum Vorbilde dienen sollte. Hier in Thüringen trat ihm die ganze Hilflosigkeit der deutschen Klein— staaterei vor Augen. Grenzenlos war seine Verachtung gegen die kleinen Höfe. Er kannte ihre Gesinnung genugsam aus den Schicksalen seiner eigenen Familie, die unter dem Geize des hessischen Kurfürsten schwer zu leiden hatte, und lernte sie noch richtiger schätzen als der König ihn einmal nach Cassel sendete, um die ehelichen Zwistigkeiten im hessischen Hause — natürlich ohne Erfolg — zu beschwichtigen. Ein stolzer Preuße von Grund aus, freimüthig, selbständig in Allem, wollte er das Lob Oesterreichs, das in den Beamtenkreisen gesungen wurde, niemals gelten lassen: pfui über diese faule, unwissende, unredliche k. k. Verwaltung. Außer Canning war Motz der einzige Staatsmann dieser Epoche, der die Hohlheit Metternich's völlig durchschaute. Während fast alle anderen preußischen Staatsmänner ein stilles Zagen nicht überwinden konnten, blieb diesem frischen Geiste die frohe Zuversicht des Jahres 1813 ungeschwächt. „Ein guter Krieg wird uns wohl thun", sagte er oft. „Aber es muß ein Volkskrieg sein, und dann werden wir Kräfte entwickeln, über die man staunen wird.“ Motz wollte die Stein-Hardenbergischen Reformen bis in die letzten Consequenzen vollendet sehen: eine neue Landgemeindeordnung sollte er- gänzend neben die Städteordnung treten, die Ablösung der Grundlasten vollständig ausgeführt, auch die Ausgleichung der Grundsteuer vollzogen werden — um der Gerechtigkeit willen, selbst wenn der Staat dabei Verluste erlitte. Wie die tüchtigen Beamten dieser Zeit allesammt ganz und gar in der politischen Arbeit aufgingen, so lebte auch Motz allein dem Staate, selbst in seinen persönlichsten Angelegenheiten standen ihm politische Zwecke vor Augen. Als sein Vermögen wuchs, erwarb er eine große Besitzung in Posen und fühlte sich hier ganz als Pionier deutscher Gesittung. Er griff das verwahrloste Anwesen sogleich in seiner energischen großartigen Weise an, zog deutsche Colonisten auf das Gut, gab der Provinz ein Beispiel durch rührige, wohlgeordnete Wirthschaft und sagte lachend zu seinen Verwandten: „macht es wie ich; ich weiß wo der Has im Pfeffer liegt." Während seiner angestrengten Verwaltungsthätigkeit in Erfurt und nachher als Oberpräsident in Magdeburg entstanden die Denkschriften über die Abrundung des preußischen Staatsgebietes, über den Anschluß der kleinen Contingente an das preußische Heer, über die Reform der