Aufschwung des Verkehrs. 465 Verkehre zu regen. Bremen und Hamburg besaßen bereits mehrere Seedampfer. Dann wurde auf der Ostsee ein regelmäßiger Postdampfer— dienst eröffnet und nach wiederholten vergeblichen Versuchen auch die erste deutsche Flußdampfschifffahrt auf der Oder eingerichtet. Zur selben Zeit (1822) sendete eine holländische Gesellschaft den Dampfer „der Nieder— länder“ zum grenzenlosen Erstaunen der Uferbewohner nach Köln hinauf. Drei Jahre später trat in Köln die erste deutsche Rheinschifffahrtsgesell— schaft zusammen. Ihre drei Dampfer befuhren den Strom von Rotterdam bis Mainz, bald bis nach Mannheim, und beförderten im Jahre 1830 schon an 53,000 Reisende. Die gesammte Einnahme belief sich auf wenig mehr als 200,000 Thlr., doch bereits war in Ruhrort eine Dampfschiffs- werft im Bau, die Rheinschiffer ahnten schon das nahende Verderben. Wie üppig hatten noch zu Anfang des Jahrhunderts die Rotterdamer Beurtschiffer tagelang im heiligen Köln geschlemmt, wenn ihre schweren Schiffe nach sechswöchentlicher Fahrt, von zwanzig Pferden gezogen, im Hafen angelangt waren. Damals warf der Centner Kaffee 1 Thaler 40 Stüber Fracht ab, jetzt fiel die Fracht auf 75 Centimes; unerbittlich bewährte sich das Naturgesetz der modernen Volkswirthschaft, das den Handel zwingt, kleinen Gewinn durch raschen Umsatz zu mehren. Noch größere Umwälzungen waren im Anzuge. Im Jahre 1825 wurde die erste Locomotiv-Eisenbahn Europas, die kleine Strecke von Stockton nach Darlington eröffnet, und da und dort wagte schon ein Vorwitziger die Frage, ob nicht auch Deutschland sich die neue Erfindung zu nutze machen solle; denn trotz allen Verbesserungen der jüngsten Jahre genügten die vorhandenen Verkehrswege längst nicht mehr, bei Gleiwitz im oberschlesischen Bergwerksbezirke lagen hunderttausende von Centnern Steinkohlen oft ein halbes Jahr hindurch müßig in den Kanalschiffen, wenn der Wasser- stand der Oder niedrig war. Indeß solche Stimmen blieben vereinzelt; die große Mehrzahl wollte sich in den alten Gewohnheiten nicht stören lassen, die Kaufherren und Fabrikanten dachten kaum anders als die kleinen Krämer. Als in Leipzig 1829 der Plan einer Eisenbahn nach der Unterelbe zuerst besprochen wurde, da traten die Aeltesten der Magdeburger Kaufmannschaft zusammen und verwarfen den Plan einstimmig, weil die Bahn nur den Eigenhandel Magdeburgs nach Leipzig locken würde. Unter den Wenigen, welche die Macht der großen Neuerung ahnten, war auch Motz. Er schlug schon im Jahre 1828 dem Könige vor, durch eine Eisen- bahn von Minden nach Lippstadt die Weser mit der schiffbaren Lippe zu verbinden und also den gesammten Handelsverkehr zwischen Bremen und Süddeutschland durch preußisches Gebiet zu leiten.“) Gegen das Ende der zwanziger Jahre hatte der Landbau die ver- heerenden Wirkungen der großen Krisis leidlich verwunden und ein Jahr- *) In dem oben erwähnten Hauptbericht über die Finanzverwaltung vom Mai 1828. v. Treitschke, Deutsche Geschichte. III. 30