Unterwerfung Anhalts. 481 beschlossen ihr verpfändetes Wort endlich einzulösen und erklärten sich zu Unterhandlungen bereit. Am 17. Juli 1828, nach neunjährigen Schmuggel— freuden, traten Dessau und Köthen dem preußischen Zollsysteme bei. Beide Landesherren bedauerten in gefühlvollen Manifesten, ihre geliebten Unter— thanen so schwer belasten zu müssen; der Köthener berief sich auf „unab— wendbare Umstände“, der aufrichtigere Dessauer — mit jener cynischen Gemüthlichkeit, die dem deutschen Kleinfürsten nicht verargt wird — auf „die Interessen seines Kammerhaushalts“. Alle diese Enclavenverträge gewährten den kleinen Höfen einen nach der Volkszahl abgemessenen An— theil am Ertrage der preußischen Ein- und Ausfuhrzölle, außerdem noch allerhand Ehrenrechte — das Landeswappen neben dem preußischen für die Zollämter und was der Eitelkeiten mehr war —, aber durchaus keinen Antheil an der Zollgesetzgebung. Nur Dessau und Köthen behielten sich das Recht des Widerspruchs vor, falls die Grundsätze und Grundlagen des Zollgesetzes verändert würden — ein Satz, der glücklicherweise gar nichts bedeutete. Eben so harmlos war die Klausel, wonach Dessau und Bernburg nur für sechs Jahre beitreten sollten. Motz und Eichhorn wußten wohl, wie wenig an einen Wiederaustritt zu denken sei; so gönnte man den Kleinen das erhebende Bewußtsein, daß sie sich nicht für ewige Zeiten unterworfen hätten. In der That begann in den anhaltischen Ländern der ehrliche Erwerb wieder zu gedeihen, und bald fühlte Jeder- mann, die natürliche Ordnung der Dinge sei hergestellt. — Noch während diese anhaltischen Händel schwebten, eröffnete sich für Preußen plötzlich die Aussicht auch größere deutsche Staaten in seine Zollgemeinschaft auzunehmen. Gewitzigt durch die niederschlagenden Er- fahrungen der Wiener Conferenzen, hatte der Berliner Hof während der letzten Jahre gelassen abgewartet, ob die Noth der Finanzen einen der Mittelstaaten bewegen würde, sich freiwillig dem preußischen Zollsysteme anzuschließen. Eine solche Politik gewährte zugleich den Vortheil, daß Preußen verschont blieb vor den unzähligen Zollvereinsplänen, welche gleich Nebelgestalten, rasch gebildet und rasch zerfließend, an den kleinen Höfen auftauchten und oftmals auch an die preußischen Gesandten herantraten. Leichtfertiges Pläneschmieden war von jeher das Vorrecht der Ohnmacht. Ein Staat, der eine große nationale Idee vertrat, durfte auf die Mücken- seigerei nassauischer und meiningischer Staatsdilettanten sich nicht einlassen. Ein einziger von Preußen übereilt abgeschlossener Zollvertrag, der die Probe nicht bestand und sich wieder auflöste, hätte die Höfe wie die Nation vollends abgeschreckt und die preußische Handelspolitik auf Jahre hinaus gelähmt. Nur wenn ein Mittelstaat, Dünkel und Mißtrauen überwindend, selber in Berlin positive Anerbietungen stellte, dann allein ließ sich glauben, daß er durch gewichtige Interessen bestimmt werde und ein dauerhafter Bund möglich sei. Aus dem Ränkespiele Adam Müller's erfuhr man überdies, welche v. Treitschke, Deutsche Geschichte. III. 31