Der Hof. Einsiedel. 507 gerie sehen, so mußten die Elephanten und die Schlangen zu ihm in den Schloßbof kommen. Wie erstaunten die Dresdener, als König Max Joseph, auf Besuch bei ihrem Hofe, vergnüglich nach seiner Münchener Gewohnheit in der Stadt umherschlenderte und sogar mit Bürgers- leuten redete: der sächsische König sprach mit Keinem, der nicht Obersten- rang hatte. Wohl Niemand mochte über den Druck dieses höfischen Zwanges so herzlich seuszen, wie die begabten Kinder des Prinzen Max. Da war Prinz Friedrich August, die Hoffnung des Landes, ein liebenswürdiger junger Herr, der geistreiche Gespräche liebte und sogar für die Ideen des Liberalismus Verständniß zeigte; er verkehrte viel mit Wangenheim, als dieser nach seiner Entlassung in Dresden lebte, und der allezeit hoffnungs- volle Triaspolitiker erwartete schon zuversichtlich, dereinst an die Spitze des sächsischen Ministeriums berufen zu werden.) Der jüngere Bruder Prinz Johann schwärmte für Dante und schilderte das Unglück Italiens zuweilen in Versen, welche im Munde eines so nahen Verwandten des Erzhauses fast frevelhaft klangen: Freche Sklaven der Tyrannen spielen Mit der Stolzen, die das Meer bezwang, Feigheit flieht wo einst die Fabier fielen, Schmeichler faseln wo eine Dante sang.“) Die Schwester Prinzessin Amalie schrieb kleine Schauspiele, mit beschei- denem Talent, aber mit warmer natürlicher Empfindung und überraschen- der Kenntniß des bürgerlichen Kleinlebens. Neben dem Könige, vor dem Alles in scheuer Ehrfurcht erstarb, durfte der freiere Ton dieses jungen Hofes freilich nicht laut werden. Nach unten hin drückte der Vorstand des Geheimen Cabinets, der leitende Minister Graf Einsiedel, ein hagerer, steifer, wortkarger Mann, des Monarchen unterwürfiger Diener, trotz seiner jungen Jahre schon ganz eingefroren im kursächsischen Hof= und Adelsbrauche. Die Fanatiker des Particula- rismus betrachteten ihn anfangs mit Argwohn, weil er in der preußischen Lausitz begütert und also „Vasall“ des Landesfeindes war.) In Wahrheit hörte der Gesichtskreis seines politischen Denkens genau an der Stelle auf, wo die grünweißen Grenzpfähle standen; die übrige Welt da draußen kannte er kaum sein preußisches Eisenwerk Lauchhammer aus- genommen — und wollte sie auch nicht kennen. Kurz vor der Rückkehr des Königs war dessen langjähriger Günstling Graf Marcolini gestorben, der im Lande allgemein verhaßte „Contino“", ein Italiener von der frivolen altbourbonischen Art, dem mindestens das eine Verdienst gebührte, daß er seinen königlichen Freund etwas aufgeheitert und der Macht der Beicht- *) Wangenheim an Hartmann, 20. Febr. 1824, 23. Sept. 1827. *8) Wangenheim an Hartmann, 4. Jan. 1824. *“) Bericht des Hofraths Heun, 23. Juli 1817.