602 III. 7. Altständisches Stillleben in Norddeutschland. schrift der Ritterschaft erledigt, und zum Ueberfluß beschloß man noch, fortan jede gedruckte Eingabe an den Bund der Censur zu unterwerfen. Nach Jahren, als die Denkschrift längst werthlos geworden, ließ Münch dem Sekretär der Ritterschaft schreiben, jene tausend Exemplare ständen jetzt zu seiner Verfügung. Also klopfte die bedrängte Nordmark zum ersten male an die Pforten des Bundestags. Niemand wollte sie hören. Die Nation verstand den Sinn des Streites noch nicht, am Bunde herrschten Willkür und subal- terner Formalismus. Von Deutschland verlassen mußte die Ritterschaft der Uebermacht weichen; denn das Einzige was noch übrig blieb, eine Beschwerde bei dem russischen Hofe, der im Jahre 1773 die ständischen Privilegien bestätigt hatte, war für deutsche Patrioten unmöglich. Das absolute Regiment währte fort, von der verheißenen neuen Verfassung hörte man bald nichts mehr. Das Land schien beruhigt, da sein Wohl- stand wuchs. Als Dr. Franzen im Jahre 1828 auf „das unumschränkte Dänemark, das Land der Freiheit“ eine prahlerische Lobrede veröffentlichte, fand sich kein Deutscher bemüßigt ihm zu antworten. Aber die Saat, welche jene wackeren Kieler Gelehrten ausgestreut, trug in der Stille ihre Frucht. Frendig wie nie zuvor schloß sich das heranwachsende Geschlecht dem großen Deutschland an; die Zeit der bewußtlosen politischen Unschuld war für Schleswigholstein vorüber. — So kläglich stand es mit den Kleinstaaten des Nordens. Fast überall unhaltbare Verhältnisse, überreif zum Untergange, und nirgends auch nur ein Verständniß für das nächste erreichbare Ziel der nationalen Politik, für die wirthschaftliche Einheit des Vaterlandes. —