Philhellenismus. Triasträume. 619 und bestürmte die großen Mächte mit Vorschlägen, welche dem Hause Wittelsbach den unsterblichen Ruhm des Wiederherstellers hellenischer Freiheit sichern sollten. In der deutschen Politik dachte er sein Baiern stolz neben die beiden Großmächte zu stellen, als den größten der „rein deutschen Staaten“, als den geborenen Führer der kleinen Höfe. Er haßte Oesterreich nach der alten Ueberlieferung seines Geschlechts und mehr noch um neuen Unrechts willen; niemals konnte er der Wiener Politik verzeihen, daß sie sein Haus um Salzburg und die Pfalz zugleich betrogen hatte. Zu Preußens kriegerischer Größe blickte er mit warmer Bewunderung empor. Dankbar gedachte er des Schutzes, den seine Vorfahren einst in Berlin gefunden hatten, und sagte oft: „Ohne Friedrich den Großen stände ich vielleicht nicht hier.“ Dabei kam er gleichwohl nicht los von jenem alten Familienaberglauben, der so viele Wandlungen der neu-bairischen Politik erklärt: „die historischen Parvenus“ im Norden waren ja doch nur durch die blinde Laune des Zufalls hinaufgehoben zu einer Höhe, die von Rechts wegen dem vornehmeren Hause Wittelsbach gebührte! Er dachte mit Preußen im treuen Einvernehmen zu leben, nur in rein-deutsche Fragen durfte der „halb-slawische Staat“ sich nicht mischen. Für seine deutschen Pläne rechnete er zunächst auf den König von Württemberg, der in der That seine persönliche Abneigung überwand und mit dem neuen Nachbarn in vertraulichen Verkehr trat. Bernstorff betrachtete diese plötzliche Freundschaft mit Gelassenheit, da er sich über Ludwig's Charakter nicht täuschte, und wies den Gesandten an, den Münchener Hof der freundlichen Gesinnungen Preußens zu versichern, aber ohne allzu große Lebhaftigkeit, damit der König nicht übermüthig werde.“) Auch Metternich, der anfangs sehr argwöhnisch war, beruhigte sich bald und beschwichtigte die Besorgniß der badischen Regierung in seinem schwerfälligen Docententone also: „Wenn wir tiefer in die Sache eindringen, uns auf einen hohen Standpunkt erheben und sie vom selben aus in ihrer Wesenheit und in ihren wahrscheinlichen und möglichen Folgen berechnen, so löst sich bald das Machwerk in ein leichtes und luftiges Gewebe auf, dem es durchaus an innerem Gehalt und an jeder Art von Gediegenheit fehlt. Sie kann ihren Stützpunkt nicht in dem Charakter der beiden Fürsten finden, denn insofern bei ihnen von Charakter die Rede ist, bietet derselbe die schroffsten Gegensätze dar. In einem einzigen Begriffe könnte ihr beiderseitiger Geist vielleicht eine Aehnlichkeit darbieten, in dem Drange nach zu spielenden Rollen. Die von dem König von Baiern geträumte Selbständigkeit umfaßt ein zu weites Feld, als daß die Selbständigkeit seiner mindermächtigen Nachbarn nicht aus selbem verdrängt werden sollte. Die beiden Fürsten geizen nach Popularität; *) Bernstorff, Weisung an Küster, 19. Nov. 1825.