626 III. 8. Der Zollkrieg und die ersten Zollvereine. seine letzte und schwerste Bedingung auf. Die verbündeten Staaten ver— pflichteten sich, in fester Gemeinschaft vorzugehen und vornehmlich bei dem Verlangen zu beharren, daß jeder Staat seine Zollverwaltung selb— ständig führe; nur unter dieser Bedingung sei ein Zollverein möglich. Baden, das doch in Wien und in Darmstadt selber eine Centralverwal- tung vorgeschlagen hatte, hielt jetzt die entgegengesetzte Forderung am hartnäckigsten fest. Die beiden Königreiche hatten ihr Mißtrauen gegen die allzu nachsichtige badische Zollverwaltung oft und in verletzender Form ausgesprochen. Der Karlsruher Hof fühlte sich dadurch tief gekränkt und — er fürchtete die Anwesenheit bairischer Zollbeamten in seinem bedrohten pfälzischen Gebiete. Wir wollen, schrieb Berstett an du Thil, schlechter- dings keinen status in statu, kein Funktioniren fremder Beamten in unserem Gebiete; und Jener antwortete: auch keine Verpflichtung der Zollbehörden für die Gemeinschaft, denn sonst könnte der großherzogliche Zolldirektor dem Minister sich widersetzen! Ebenso nachdrücklich erklärte Nebenius: „Die Frage ist ganz einfach diese, ob die Unterthanen der ein- zelnen Staaten in einem unmittelbaren Verhältniß zu der Gemeinschaft stehen sollen“; hege man kein Vertrauen zu der redlichen Verwaltung der Bundesgenossen, dann sei ein Zollverein überhaupt undenkbar.) Es war einfach die Gesinnung des eifersüchtigen Particularismus, die hier nackt heraustrat. Aber dieser Particularismus blieb die Lebensluft des deutschen Bundesrechts. Der badisch-darmstädtische Vorschlag ergab sich folgerecht aus dem Wesen eines Staatenbundes. Eine Centralverwaltung für das Zollwesen ließ sich nur denken auf dem Boden eines Bundesstaates, eines Reiches. Indessen hatten die beiden Königreiche ihren Entwurf festgestellt und die oberrheinischen Cabinette zu Verhandlungen über das Beschlossene eingeladen. Im Februar 1825 begannen die Stuttgarter Conferenzen — eine kläglichere Wiederholung der Darmstädter Verhandlungen, von Haus aus verdorben durch Groll und Mißtrauen. Daß Nassau keinen redlichen Willen mitbrachte, erriethen die preußischen Diplomaten sofort; was ließ sich auch von diesem Bevollmächtigten, dem hartköpfigen Particu- laristen Röntgen erwarten? Die Darmstädtische Regierung begann schon seit Langem zu bezweifeln, ob ein süddeutscher Verein ihrem Staate nützlich sei. Wein und Getreide, für jetzt fast die einzigen wichtigen Ausfuhrartikel des Ländchens, fanden ihren Absatz im Norden; und auch wenn der Verein zu Stande kam, blieb Darmstadt nach wie vor ein Grenzland, überall von Mauthen umstellt. Kurhessen hielt sich den Con- ferenzen fern. Auch der badische Bevollmächtigte Nebenius kam aus un- lustig hoffnungsloser Stimmung nicht heraus und erschwerte die Ver- *) Berstett an du Thil, Nov. 1824; du Thil an Berstett, 14. Dec. 1824; Ne- benius' Denkschrift über die Zollverwaltung, 20. März 1825.