Kurhessen verweigert den Beitritt. 647 höchstdieselben sind nicht davon überzeugt, daß es dem Interesse des Kur— staats entsprechend sei, einer solchen Uebereinkunft das bisherige System aufzuopfern.““) Die gröbsten Wendungen hatte der Kurfürst eigenhändig in das Schreiben hineingebracht. Bei einer neuen Audienz donnerte er Wittgenstein an: „Ich bin Chef des hessischen Hauses; Anmaßungen wie der Großherzog sie sich erlaubt hat, werde ich nicht dulden; ich kann die Bitte des Großherzogs nicht gewähren.“ Auch Wittgenstein's Sendung war gescheitert. Eichhorn ahnte, daß die süddeutschen Kronen die Hände im Spiele gehabt, empfahl dem Bundestagsgesandten Nagler und allen Gesandten im Oberlande scharfe Aufmerksamkeit auf die Handelspolitik der kleinen Höfe. Zwei Tendenzen, schrieb er, wirken uns in Cassel entgegen. Der bairisch-württembergische Verein sucht Kurhessen für sich zu gewinnen; er krankt an verkehrten politischen Nebengedanken und ruht auf dem falschen Grundsatze, daß die Binnenstaaten von den Küstenländern sich unabhängig machen sollen; „mit jeder Ausdehnung verliert das System selbst an innerem Halt und Zusammenhang.“ Gefährlicher scheint der von einigen thüringischen Staaten gehegte Plan, unter Kurhessens Führung einen hessisch-thüringischen Zollverein zu bilden, der nach Belieben mit Preußen oder mit dem Süden verhandeln könne — eine Träumerei „so einladend für den Stolz des Kurfürsten, daß er kaum widerstehen wird“".) Nach Wittgenstein's Abreise meinten die bairisch-württembergischen Unterhändler ihr Spiel gewonnen. Baiern versprach dem Kurfürsten seine bisherigen Zolleinnahmen zu verbürgen, wenn er dem süddeutschen Vereine beitrete. Der Kurfürst, als ein geriebener Handelsmann, holte sofort eine alte Schuldforderung an das fürstliche Haus Oettingen hervor, welche einst Napoleon für Baiern eingezogen hatte; auch diese Sache zu bereinigen war Baiern erbötig. Schon bereiste Oberkamp mit einem kurhessischen Finanzbeamten die bairischen Grenzen, um diesem die Einrichtung der Mauthen zu zeigen. Da griff eine gewandtere Hand ein und betrog die süddeutschen Höfe um den Sieg. Daß Oesterreich die Erweiterung des preußisch-hessischen Vereines un- gern sah, war allbekannt. Wenn der österreichische Geschäftsträger in Cassel dem Prinzen Wittgenstein zuvorkommend seine Instructionen zeigte, und dort zu lesen stand, er solle seinen preußischen Collegen überall getreulich unterstützen, so wußte man in Berlin längst, was von solchen k. k. Scherzen zu halten sei. Aber auch der Zollverein der constitutionellen Südstaaten erschien zu Wien hochgefährlich. Sobald das diplomatische Getriebe in Cassel begann, wurde Frhr. v. Hruby, einer der eifrigsten und gefähr- lichsten Feinde Preußens, so recht ein Vertreter des alten ferdinandeischen *) Schminke an du Thil, 15. März 1828. **) Weisung an Nagler, Otterstedt u. s. w., 5. April 1828.